Rezension: „Der Flunkerfunkelstein“

IMG_1192Titel: „Der Flunkerfunkelstein oder die Elster, die nicht stehlen wollte“
Verlag: Knesebeck (hier klicken)
Autorin: Kai Oppermann
Illustrationen: Kai Oppermann
ISBN: 978-3-95728-766-3

Zum Inhalt:
Sie tragen nicht ohne Grund den Beinamen „Diebische Elstern“ – Elstern gehören zu den Rabenvögeln und sind bekannt dafür, gern Glänzendes und Glitzerndes mit in ihr Nest zu nehmen. So ist es auch bei Familie Elster in diesem Buch: auf ihrem Baum türmen sich die funkelnden, glitzernden, glänzenden und wertvollen Beutestücke geradezu. Die gesamte Familie trägt stolz dazu bei – außer der kleinen Elster, die lieber mit Freund:innen im Wald unterwegs ist alsmit Goldmünzen zu spielen und die nicht stehlen möchte. Das Familienmotto „Eine Elster ohne Funkelstein kann keine wahre Elster sein!“ führt allerdings dazu, dass die kleine Elster sich ausgegrenzt fühlt.
Als dann eines Morgens die kleine Elster stolz einen beeindruckenden Funkelstein präsentiert, vermuten die anderen Tiere im Wald die wildesten Hintergründe: der Stein könne nur von einem Drachen gestohlen worden sein, von Geistern geraubt oder vom Nachthimmel gepflückt. Woher der Stein wirklich kommt, verrät die kleine Elster zuerst nicht. Ihre Familie feiert sie für den Diebstahl, bekommt dann aber die Wahrheit über den Stein zu hören (verrate ich hier nicht) – und ist dennoch unheimlich stolz auf ihr jüngstes Familienmitglied.

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Meine Meinung:
Das nagelneue Bilderbuch aus dem Hause Knesebeck ist zauberhaft illustriert und erzählt die Geschichte der kleinen Elster sehr warmherzig. Die seitenfüllenden Bilder sind farbenfroh und lebhaft gezeichnet und man merkt, dass Autorin und Illustratorin die gleiche Person sind – gerade dann passen Bild und Text so wundervoll zusammen.
Das Motiv von (vermeintlicher) Ausgrenzung durch Verschiedenartigkeit ist nicht gänzlich neu, wird hier aber dadurch sehr interessant neu interpretiert, dass die kleine Elster natürlich dazugehören will, sich aber gleichzeitig nicht des Diebstahls schuldig machen möchte. Ein Konflikt, den Kinder vielleicht selbst schon erlebt haben, wenn Freund:innen ihnen Mutproben o.ä. vorgeschlagen haben, die sie nicht gut finden. Was die Kinder sicher selbst kennen ist die Freude am Grusel, die die kleine Elster mit den anderen Tieren erlebt und ebenso das Bedürfnis nach Schutz, den der Uhu bietet. Egal, ob sie froh, traurig, nachdenklich oder wütend ist, meiner Meinung nach kann man sich hervorragend in die kleine Elster hineinversetzen und mit ihr fühlen.

Leseempfehlung:
Auf den ersten Blick ein Buch für eher jüngere Kinder bietet die Geschichte vom Flunkerfunkelstein interessante Gesprächsanlässe auch bis ins Grundschulalter hinein. Dass Diebstahl nicht stärker macht und sich selbst treu zu bleiben eine Kunst ist – das kann die kleine Elster vermitteln.
(Mit den Stereotypen der diebischen Elster und des weisen Uhus kann sie sicher auch gut an eine Unterrichtseinheit über Sagen angebunden werden, um Eigenschaften von Tieren herauszuarbeiten.)

Insgesamt ist das Buch also ein schönes Vorlesebuch ab dem Kindergartenalter, das im pädagogisch wertvollen Bücherregal gut aufgehoben ist.

Vielen Dank an den Knesebeck-Verlag für das Rezensionsexemplar! Was Bilderbücher angeht, inzwischen ganz klar mein Lieblingsverlag, weil das Programm wirklich klasse ist!

Beste Grüße,
Katha

Rezension: „Zwischen den Welten: Filterblasenkinder verstehen und unterstützen“

IMG_9078Titel: „Zwischen den Welten: Filterblasenkinder verstehen und unterstützen“
Verlag: Vandenhoeck & Ruprecht (hier klicken)
Autorinnen: Sarah Pohl, Mirijam Wiedemann
ISBN: 978-3-525-45923-2

Zum Inhalt:
Die Autorinnen beleuchten die Unterschiedlichkeit des Aufwachsens von Kindern in (häufig religiös geprägten) Filterblasen. Sie grenzen Filterblasen von Sekten ab und führen viele Studien und Veröffentlichungen ins Feld, um eine möglichst hohe Begriffsklarheit zu erreichen. Ganz praktisch wird an viele anonymisierte Beispiele aus ihrem Beratungsalltag und Umfeld angeknüpft, um Vorteile (Geborgenheit, Zugehörigkeit, Wertekanon) und Nachteile (Abgrenzung, Misshandlung, Indoktrination) vom Aufwachsen in sehr engen Gruppen aufzuzeigen.

IMG_9079Verschiedene Checklisten und Merkmalsammlungen geben Lesenden konkrete Erkennens- und Handlungsmöglichkeiten an die Hand. Diese hier nicht vollständig abgebildete Checkliste kann sicherlich vielen Menschen bei einer ersten Reflexion helfen, ob beobachtete Etwicklungen bei einem (eigenen oder in der Schule betreuten) Kind/Jugendlichen bedenklich sind.

 

 

Meine Meinung:
Das Buch war für mich schnell gelesen, weil es an viele meiner individuellen Überzeugungen anknüpft und diese teilweise gut zusammenfasst. Die Fallbeispiele fand ich sehr wichtig, weil sie es schaffen, soziale/religiöse Gruppen nicht pauschal zu verdammen und auch positive Aspekte zu zeigen. Gut gefiel mir die Betonung, dass eigentlich die Kernfamilie der entscheidende Faktor ist, was ein gesundes Aufwachsen von Kindern angeht – und dass Beziehungsarbeit für Lehrkräfte gerade mit solchen Kindern unendlich bedeutsam ist.
Insgesamt gab es jedoch durchaus Redundanzen zwischen den Kapiteln und Bereichen des Buches, die etwas gestraffter sein könnten.

Leseempfehlung:
Wer seinen auf alltäglichen Beobachtungen und eigenen Einschätzungen basierenden Umgang mit Kindern aus Filterblasenfamilien professionalisieren möchte, findet hier eine solide Grundlage. Da wohl so ziemlich jede Lehrkraft, je nach dem Einzugsgebiet der Schule, mehr oder weniger häufig damit konfrontiert sieht, schadet die Lektüre vermutlich keinem von euch 😉
Individuelle rechtliche Vorgaben müssen ggf. im eigenen Bundesland nachgelesen werden, da das Buch sich exemplarisch auf die baden-württembergischen Vorgaben bezieht.

Vielen Dank an die v&r-Verlage für das Rezensionsexemplar!

Katha

Rezension: „Mio war da“

Mio war da (1)Titel: „Mio war da“
Verlag: Klett Kinderbuch (hier klicken)
Autorin: Tanja Székessy
Illustrationen: Tanja Székessy
ISBN: 978-3-95470-220-6

Zum Inhalt:
Mio ist das Klassentier der Klasse 1d und seines Zeichens Pinguin. Die Klasse und ihre erwachsenen Begleiter mag er sehr gern und so freut der kleine Pinguin sich sehr, als ein großes Abenteuer für ihn beginnt:
Er darf alle Kinder der 1d zuhause besuchen und sogar dort übernachten!
Auf je einer Doppelseite sieht und liest/hört man nun von den ganz verschiedenen Familiensituationen der Schülerinnen und Schüler aus Mios Klasse. Aus allen Kulturkreisen und sozialen Schichten kommen diese und von voller Action bis zu Vergessenwerden erlebt Mio so Einiges:

Meine Meinung:
Schon das Konzept des Buches hatte mich gepackt, bevor ich es in der Hand hielt: ein „neutraler“ Beobachter, der verschiedene Familiensituationen vorstellt, müsste einen wunderbaren Gesprächsanlass rund um Familie bieten…
Mio hat diese Hoffnung absolut erfüllt und ich hätte mich am liebsten direkt mit ihm in die Schule begeben (leider habe ich keine Klasse). Die Zeichnungen und Beschreibungen sind eindringlich, aber niemals wertend und laden so zum Betrachten und Vertiefen ein. Fast automatisch kommen Fragen auf nach der Fürsorgepflicht von Eltern, nach den Rechten der Kinder oder ganz banal zur Zusammensetzung von Familien. Jedes Kind, mit dem man diese Familien betrachtet, dürfte sich in einer der Situationen wiederfinden und berührt werden. In guten Gesprächen erkennen Kinder so vielleicht, dass ihre Probleme nicht nur ihre sind, sondern auch andere sie teilen oder dass es nicht ganz in Ordnung ist, wie es bei ihnen zuhause läuft. Vielleicht merken sie auch, dass nicht jedes Kind es daheim so gut hat wie sie selbst, was das Verständnis für das Handeln und Empfinden Anderer stärkt (Stichwort „Empathie“). Ganz sicher aber erweitert jedes Kind mit Mio und der 1d seinen Horizont!
Mio war da (2)

Leseempfehlung:
Für alle mit Kindern im Vor- und Grundschulalter, für ErzieherInnen mit Vorschulkindern und Grundschullehrkräfte kann ich Mio nur wärmstens empfehlen. Aufgrund seiner Tiefe bietet sich das Buch m. E. eher als Vorlesebuch an, kann aber auch lesenden Kindern Freude bereiten. Im Austausch beim Vorlesen sehe ich aber das oben schon angedeutete größere Potential.
Anschlussthemen für die schulische Behandlung sind z. B.:
– SU-Thema „Ich und die anderen“
– Schreib- und Malanlass: „Meine Familie“
– Gesprächsanlass: „Was kann alles Familie sein?“
– Thema „Kinderrechte“ – wofür müssen Erwachsene sorgen?
– Thema „Freundschaft“ – wie man andere versteht und mit ihnen spielt etc.
– das eigene Klassentier mit zu den Kindern geben und dazu erzählen, malen, schreiben (so etwas ergibt mit der Zeit ein wunderbares Klassenerinnerungsbuch!)

Vielen Dank an den Verlag Klett-Kinderbuch für das Rezensionsexemplar!

Beste Grüße,
Katha