Textfreie Bilderbücher im Unterricht nutzen

In den letzten Monaten sind mir mehrere ganz besondere Bilderbücher über den Weg gelaufen*: Bilderbücher ganz ohne Erzähl- oder Sprechtext, sondern nur voller Bilder. Diese Bücher lassen naturgemäß viel Freiraum für Fantasie und Sprache.

Drei Beispiele möchte ich euch vorstellen: „Die Torte ist weg“ von The Tjong-Khing, „Der Junge und der Elefant“ von Freya Blackwood und „Tief im Ozean“ von John Hare. Drei ganz verschiedene Geschichten, die aber doch ähnliche Zugänge für einen sprachfördernden Unterricht bieten können.

1) „Die Torte ist weg“ von The Tjong-Khing
Ein Wimmelbuch: verschiedene Tierfamilien bzw. einzelne Tiere bewegen sich in einer Art Rennen durch das Buch und sind auf jeder Doppelseite wieder in verschiedene Interaktionen verwickelt. Ausgangspunkt ist der Diebstahl eine frisch gebackenen Torte bei Familie Hund.
👍🏻 Hier entstehen verschiedene Erzählungen und Geschichten, je nachdem, welchem Tier man folgt. Handlungsstränge verbinden sich manchmal, lösen sich aber auch wieder auf, bis am Ende alle gemeinsam feiern können.
👎🏼 Man muss aufpassen, dass sich die Erzählungen nicht zu sehr nach „und dann…“ anhören, was leicht passieren kann. Entweder heißt es also, Satzanfänge zu sammeln oder viel Zeit für das Entwickeln eines Erzählplans zu investieren, um dem vorzubeugen.

2) „Der Junge und der Elefant“ von Freya Blackwood
Diese ganz besondere Freundschaftsgeschichte handelt von einem Jungen, der einen ganz besonderen Baum zum Freund hat und diesen vor dem Abholzen rettet. Die Handlung spielt eher im alltäglichen Lebensraum der Kinder: Wohnung, Straße, Schule, Wald – das hat Vorteile bzgl. des Wortschatzes. 👍🏻 Auch sprachärmere Kinder können hier viel auf den Bildern benennen und beschreiben. Anders als beim Tortenbuch lässt dieses mehr Spielraum für Interpretationen und Spekulationen und auch die Möglichkeit des Weitererzählens nach dem Ende des Buches.

3) „Tief im Ozean“ von John Hare
Mein aktueller Liebling ist diese zauberhafte Geschichte aus den Tiefen des Meeres: eine Lehrkraft besucht mit einer Klasse Schulkinder die Tiefsee – allesamt in Tauchanzügen. Ein Kind hat eine Kamera dabei und verliert beim Fotografieren den Asnchluss an die Klasse (könnte ich sein…). Als dann die Klassemit dem Tauchboot wieder aufbricht, bleibt das Kind allein zurück und trifft noch verschiedene Tiefseebewohner inkl. Meereungeheuer. Mit diesem zusammen findet es eine versunkene Stadt, zerstört sie versehentlich und baut sie auch wieder auf. 👎🏼 Zum Erzählen dieser Geschichte ist deutlich mehr Wortschatzarbeit / Scaffolding nötig als bei den beiden anderen Büchern. Es bietet sich zusammen mit dem Sachunterricht fast schon eine thematische Unterrichtseinheit an. 👍🏻 Die Fantasie und Fabulierfähigkeit der Kinder werden hier absolut gefordert und gefördert. Es geht dabei los, dass die Hauptfigur durch den Taucheranzug überhaupt nicht definiert wird und so jedes Kind selbst festlegt, wer sein Held oder seine Heldin ist. Zudem gibt es verschiedene Stellen im Buch, an denen die Geschichte unterbrochen und von den Kindern eine Fortsetzung antizipiert werden kann. Durch die klare Einfachheit der Bilder können die Kinder hierzu auch gut selbst Zeichnungen anfertigen.

Zusammengefasst gibt es für textfreie Bilderbücher viele Ideen, aus denen man passend zum Buch und zur Lerngruppe wählen kann:
– zu den vorhandenen Bildern erzählen (ggf. Fotos machen, damit jedes Kind die Bilder z.B. auf einem Tablet nutzen kann)
– Aufzeichnen der Erzählungen mit der Sprachmemo-Funktion am Tablet o.a.
– eigene Bilder malen und dazu erzählen (Fortsetzung, alternatives Ende, Antizipieren ab Abbruchstelle im Buch)
– selbiges ist alles auch als Schreibanlass denkbar
– Bilderrätsel (ein Kind beschreibt eine Stelle auf der Seite, eines errät diese)

Zur Vorbereitung hilft es den Kindern, sich Notizen in schriftlicher oder bildlicher Form zu machen. Der gute alte „Rote Faden“ kann hier gut genutzt werden, da er den Kindern eine gute Orientierung während des Erzählens bietet. Dazu können aufwändig Kärtchen an rote Wolle getackert/geklebt/gebunden werden oder man nutzt ein größeres Blatt mit Text-/Bildfeldern und lässt die Kinder den roten Faden einfach hineinzeichnen. Bei älteren Kindern können auch Erzählpläne zum Einsatz kommen, die dann etwas vorstrukturierter sind – mehr Orientierung, aber auch mehr Planung. Wie immer gilt der Gedanke des Spiralcurriculums: einfach anfangen, später anspruchsvoller wieder drangehen.

Zuletzt möchte ich noch einmal eine Lanze für das „Primat der Mündlichkeit“ brechen: Es ist wichtig, dass mündliches Erzählen nicht nur als Vorübung zum schriftlichen Erzählen eingesetzt wird! Wenn die Kinder immer „befürchten“ müssen, dass sie das Erzählte später noch aufschreiben müssen, hemmen wir sie unnötig. Lasst die Kinder erzählen, belasst es beim Mündlichen. Experimentiert mal mit Aufnahmen und erlebt, wie auch Kinder sich hören und verbessern möchten!

Abschlusstipp: auch und gerade beim mündlichen Erzählen kann man nach Beate Leßmann „Schreibgeheimnisse“ sammeln – dann muss man sie nur anders benennen 😉
Kinder können so zum Einen am Vorbild (Mitschüler*in / Lehrkraft) lernen und ihren Wortschatz erweitern und lernen zum Anderen, dass sie stolz auf ihre Ideen sein können und nicht in ein „der hat bei mir abgeschaut!“ verfallen müssen. Erste Ansätze von sharing is caring könnten erkennbar sein.

Nun viel Spaß mit euren liebsten Bilderbüchern mit oder ohne Text. Wenn ihr noch ein cooles textfreies kennt, das ich hier aufnehmen sollte, schreibt gern einen Kommentar!

Eure Katha

* Nun ja, ich sehe einfach zu oft tolle Bücher in UB und Prüfungen, die dann irgendwie irgendwann auch in meinem Regal stehen…

Rezension: „Der Junge und der Elefant“

IMG_8328Titel: „Der Junge und der Elefant“
Verlag: Knesebeck (hier klicken)
Autorin/Illustratorin: Freya Blackwood
ISBN: 978-3-95728-710-6

Zum Inhalt:
Ein Junge, ein Baum, ein Elefant: in diesem textlosen Bilderbuch lernen wir einen Jungen kennen, der seinen Alltag in einer eher hektisch anmutenden Stadt, der Schule bestreitet und dabei recht einsam wirkt. Im Wald jedoch, wohin er sich zurückzieht, gibt es einen besonderen Baum, der wie ein Elefant aussieht und mit dem ihn eine lange Freundschaft verbindet.
Als jedoch das Waldgrundstück verkauft wird und die Bäume gefällt werden sollen, braucht es einen Plan, an dessen Ende so etwas wie eine Win-Win-Situation entsteht. 🌳

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Meine Meinung:
Freya Blackwoods Zeichnungen haben mich früher bereits in dem Buch „Zuhause kann überall sein“ beeindruckt. Außerdem habe ich mich sehr auf dieses texfreie Buch gefreut, da ich zuletzt mehrfach die Magie erleben durfte, wenn Kinder zu Büchern ohne vorgegebenen Text erzählen. „Der Junge und der Elefant“ haben mich in dieser Hinsicht nicht enttäuscht: die Bilder sind reich von Gefühlen des Jungen, die in seinem Körper, seinem Gesicht und seiner Umgebung wunderbar zu erkennen sind. Dennoch gibt es Interpretationsspielräume, die Leser*innen individuell füllen können. Nicht zuletzt gibt es für Kinder Situationen, in denen sie sich wiederfinden können und so einen individuellen Bezug zur Geschichte haben.
Die Illustrationen sind teils seitenfüllend, teils klein, teils Bildfolgen wie im Comic. So wie Blackwood bei „Zuhause kann überall sein“ mit Rot- und Blautönen als Kontrast gearbeitet hat, so sind es hier Sonne und Schatten, die fröhliche und traurige/unsichere Gefühle repräsentieren.

Leseempfehlung:
Eine klare „Lese“empfehlung für alle Buchliebhaber*innen kann ich heute aussprechen! Das Bilderbuch zieht einen regelrecht in seinen Bann und bietet auch bei mehrmaligem Anschauen immer wieder neue Details zu entdecken. Auch für Kita und/oder Grundschule kann ich euch „Der Junge und der Elefant“ eindeutig ans Herz legen – tolle Gesprächsanlässe und sicher auch künstlerisch eine Inspiration.

Vielen Dank an den Knesebeck-Verlag für das Rezensionsexemplar!

Eure Katha

Rezension: „In der Schlange der Träume“

IMG_6848Titel: „In der Schlange der Träume“
Verlag: Knesebeck (https://www.knesebeck-verlag.de/in_der_schlange_der_traeume/t-1/1149)
Autorin: Rita Sineiro
Illustrationen: Laia Domenech
ISBN: 978-3-95728-711-3

Zum Inhalt:
Wir begleiten in diesem Buch die Flucht eines namenlosen Kindes (Jungen?) vor Krieg und Zerstörung. Aus seiner Sicht heraus wird der Weg zu verschlossenen Grenzen und dann im Boot über das Meer gezeigt. Viele Seiten lang zeigt das Kind uns das Leben im Auffanglager, von denen es seit dem Krieg, der auf den Arabischen Frühling folgte, so viele an den europäischen Grenzen gibt. Wir bekommen Erlebnisse, Wünsche und Träume erzählt in der naiven Art eines noch recht jungen Menschen, dessen Vater ihn nicht mit der „erwachsenen Wahrheit“ konfrontiert.

Die Illustrationen sind in gedeckten Farben gehalten und unterstreichen so das schwere Thema gut. Sie sind teilweise doppelseitig textfrei angelegt und vor allem dadurch sehr bewegend.

Es gibt ein Nachwort der Autorin, die die Geschichte ein wenig einordnet und mit dem durch die Medien gegangenen am Strand tot angespülten Jungen verbindet, den wir sicher alle entsetzt wahrgenommen haben.

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Meine Meinung:
Beim ersten Lesen war ich den Tränen nahe, muss ich zugeben. Das Wissen, dass ich als Erwachsene von Flucht und dem Umgang mit Flüchtlingen auf der kognitiven Ebene habe, hat sich hier sehr emotional angeknüpft und viele, viele Bilder waren in meinem Kopf unterwegs.

Der Autorin und der Illustratorin ist meiner Meinung nach das Kunststück gelungen, sehr wertungsfrei, nicht didaktisiert oder mit erhobenem Zeigefinger auf das Leiden flüchtender Menschen, vor allem flüchtender Kinder aufmerksam zu machen. Das Buch führt denen, die es „besser haben“ und nie eine Flucht erleben mussten, deutlich vor Augen, was das eigentlich bedeutet und wie unmenschlich die Unterbringung Geflüchteter oft ist. Für Menschen mit Fluchtgeschichte streckt es wohl eine Hand aus und signalisiert, dass sie gehört und verstanden werden.

Leseempfehlung:
Für alle!

Im privaten Bereich können wir nicht oft genug mit unseren Kindern darüber sprechen, wie gut es uns geht und was andere hinter sich haben bzw. erleben. Durch die eindringliche Bebilderung können Vor- und Grundschulkinder die Geschichte des Kindes gut nachvollziehen. Und durch die niemals vorhandene Anklage im Buch kann auch jede*r selbst entscheiden, wie tief er oder sie mit dem eigenen Kind gehen möchte.

Für die Grundschule möchte ich „Die Schlange der Träume“ ausdrücklich empfehlen – vor allem momentan, wo wieder viele geflohene Kinder in die Klassen kommen. Ein wirklich guter Anlass darüber nachzudenken, wie mit ihnen umzuegehn ist, welche Unterstützung sie benötigen und dass „die Flüchtlinge“ nicht mal eben so nach Deutschland kommen, weil sie hier vielleicht 3 Mark fuffzich mehr verdienen als daheim.

Vielen Dank an den Knesebeck-Verlag für das Rezensionsexemplar! Danke auch, dass hier nach „Zuhause kann überall sein“ das Thema Flucht/Migration aus der Sicht der Kinder erneut so grandios aufgegriffen wurde! (wer nochmal nachlesen mag, hier habe ich darüber schon geschrieben: https://primar.blog/2017/04/24/rezension-zuhause-kann-ueberall-sein)

Beste Grüße,
Katha

Rezension: „Clara Schumann – Triumph in London“ mit Verlosung

IMG_6238Titel: „Clara Schumann – Triumph in London“
Verlag: Amor Verlag (hier klicken)
Autor: Bert Alexander Petzold (Hrsg.)
Illustrationen: Lola Svetlova
ISBN: 978-3-98587-302-9

Zum Inhalt:
Clara Schumann ist eine bekannte Pianistin mit einer ungewöhnlichen Lebensgeschichte (vor allem für ihre Zeit). Vom Alter von 5 Jahren an begleitet das Buch sie bis ans Lebensende und beleuchtet wichtige Stationen ihres privaten und beruflichen Lebens. Wir bekommen ihre frühe Förderung durch den Vater gezeigt, ihr Kennenlernen mit dem späteren Ehemann Robert Schumann, erfolgreiche Konzertreisen, aber auch Krieg und Freundschaft. Die Bilder von Lola Svetlova verdeutlichen Claras Entwicklung vom kleinen Mädchen über die traurige junge Frau bis hin zur emanzipierten Pianistin vor allem durch eine genaue Mimik der Perosnen; auch die Szenerien der Städte wie London, Dresden oder Moskau werden ausschnittweise, aber treffend dargestellt:

Das Besondere an der Buchreihe, aus der „Triumph in London“ stammt, ist das multimodale Zusammenspiel von Bilderbuch, Hörbuch und Musik. Die beiligende CD lässt alles Gelesene und Gesehene auch anhören: sie enthält eine inszenierte Lesung von Antje Hamer und ausgewählte Musikstücke.

Meine Meinung:
Ich bin selbst keine Musikerin und habe wenige Kontaktpunkte mir klassischer Musik – dennoch ist der Name von Clara Schumann mir ein Begriff gewesen. Was mir vorher nicht so klar war ist der sehr emanzipierte Lebensweg der Pianistin, die in einer Zeit, als Männer noch sehr selbstverständlich die Geschicke von Töchtern oder Ehefrauen bestimmten. Umso mehr freut es mich, dass genau dies sehr im Mittelpunkt der Geschichte steht. Begeisternd finde ich die Idee, das Buch auch hörbar zu machen und so den Leser noch intensiver mit in die Handlung einzubeziehen. Normalerweise liegt ja gerade hier die Schwäche von Büchern über Musiker*innen: man muss selbstständig die passende Musik heraussuchen.
Ich möchte noch erwähnen, dass ich die Gestaötung des Buches mit einem Leinenrücken als sehr wertig und irgendwie zum Thema passend empfinde.

Leseempfehlung:
Für Musiklehrkräfte der Grundschule kann ich „Triumph in London“ nur empfehlen! Die Texte sind gut verständlich und die Kapitel aufs Wesentliche beschränkt. Als Anschlussaktivität lassen sich toll die Jahreszahlen berechnen oder recherchieren, wann genau was stattfand, und was in der Welt damals sonst noch los war. Die CD nimmt die Kinder eben auch hörend mit in Clara Schumanns Zeit – wunderbar! Meine musikalisch bewanderte Kollegin hat beim Blick auf die weiteren angebotenen Titel (Nussknacker, Zauberflöte, Karneval der Tiere) erfreut festgestellt, dass hier in der Grundschule sehr häufig behandelte Werke umgesetzt wurden.
Aber auch als Eltern kann man mit diesem Bilderbuch und seinen „Kollegen“ in die spannende Welt der Musik eintauchen (vorausgesetzt man ist so altmodisch wie wir und hat einen CD-Player 😉). Der Verlag gibt die Reihe ab vier Jahren an, gerade dieses Buch würde ich aber eher etwas später als interessant ansehen.

Vielen Dank an den Amor Verlag für das Rezensionsexemplar!
Erfreulicherweise darf ich heute auch noch ein Exemplar verlosen. Wer Interesse hat, schreibe bitte einen Kommentar mit einer guten Begründung, warum er/sie dieses Buch gut gebrauchen kann. Am 23.12. wird ausgelost, wer sich über dieses schöne Buch freuen kann.

Beste Grüße,
Katha

Bilderbücher im Unterricht – Teil 5 der Bilderbuchwoche

Diese Woche soll hier im Blog Bilderbuchwoche sein. Nach vier fachbezogenen oder überfachlichen Anregungen in den letzten Tagen schließe ich diese Aktion heute ab.

Symbolbild von Tumisu auf Pixabay

Möglichkeit 5: Bilderbücher künstlerisch verarbeiten (Fach Deutsch, Fach Kunst)

Es ist schon angeklungen, dass ich ein Fan des sog. Handlungs- und produktionsorientierten Literaturunterrichts bin. In diesem Sinne gehört es auch zur Auseinandersetzung mit Geschichten, wenn Kinder zu ihnen malen. Je nach Alter und Fähigkeit kann dies sowohl ein Nachmalen bzw. Dazumalen sein als auch ein bildliches Weitererzählen.

Dazumalen: In Büchern wie „Wenn der wilde Wombat kommt“ oder „Der schaurige Schusch“ wird ein Wesen beschrieben, aber noch nicht gezeigt. Auch in anderen Büchern kann das Aussehen einer Figur zu Beginn geheim gehalten werden, wenn diese gut beschrieben wird. Die Fantasie der Kinder wird angeregt, wenn man mit ihnen über die beschriebenen Merkmale ins Gespräch kommt und sie dann ihre eigene Interpretation davon malen dürfen.

Weitermalen: Besonders die Kinder, die noch nicht der Schriftsprache mächtig sind, können ihre Ideen für eine mögliche Geschichtenfortsetzung in einem Bild festhalten. Wenn man es dann schafft, die dazu gehörenden Geschichten aufzufangen*, kann man ein tolles Klassenbilderbuch herstellen, das erfahrungsgemäß in den folgenden Jahren gern durchgeblättert wird. Wenn Fortsetzungen komplexer sind, kann in einem Minifaltbuch oder auf kleinen Zetteln an einem Roten Faden auch eine Geschichte in mehreren Bildern von den Kindern festgehalten werden. Positiver Nebeneffekt ist dabei, dass die Kinder meist gern und freiwillig zu ihren Bildern erzählen – ein Hoch auf die Sprachförderung! Nachmalen: Wie im Beispiel „Nibbels“ beschrieben, lassen sich besondere Bilder(geschichten) oder spezielle Maltechniken auch gut im Kunstunterricht aufgreifen und imitieren. Es gibt ja spannende Bilderbücher mit Collagetchnik, Aquarellbildern oder ähnlichen Besonderheiten. Diese zu analysieren und erfolgreich zu imitieren stärkt die Wahrnehmung von Kunst in Büchern bei den Kindern.

Bilderbuch-Beispiele:

Nibbels (hier vorgestellt)

Zuhause kann überall sein (hier vorgestellt)

Zuletzt gebe ich euch noch ein paar Lieblingslinks rund um Bilderbücher mit:

📖 Bilderbuchkinos bieten mehrere Verlage an – also eine pdf mit den Bilderbuchbildern ganz ohne Text, die man dann über ein Präsentationsmedium teilen kann: Oetinger Verlag, Thienemann-Esslinger und einige andere, die hier im Blog Jugendbibliothek21 schon versammelt wurden.

📖 Bücher lesen und vorgelesen bekommen bei Amira Lesen

📖 Büchertipps für verschiedene Altersstufen

📖 Wie schon an Tag 1 muss die Stiftung Lesen mit dem jährlichen Vorlesetag noch erwähnt werden – eine toller Anlass für tolle Bilderbücher!

📖 Die kleinsten und beliebtesten Bilderbücher überhaupt will ich nicht vergessen: Pixibücher von Carlsen! (Hier schonmal erwähnt.)

Herzliche Grüße
Katha

* Ich kann die Geschichte beim Erzählen des Kindes mitschreiben oder aber mit einer Sprachmemo-App aufzeichnen (lassen).

Bilderbücher im Unterricht – Teil 4 der Bilderbuchwoche

Diese Woche soll hier im Blog Bilderbuchwoche sein. Wie versprochen geht es heute weiter mit einem weiteren Weg, Bilderbücher in der Grundschule einzusetzen.

Symbolbild von Tumisu auf Pixabay

Möglichkeit 4: Wortschatzarbeit (Fach Deutsch, Fach Englisch, DAZ)

Manchmal findet man Schätzchen, die besonders geeignet sind, ein sprachliches Phänomen oder ein Wortfeld zu erarbeiten. Die Englischlehrkräfte unter euch nutzen sicher regelmäßig picture books, um ihre Einheiten aufzupeppen. Besonders geeignet zur sprachlichen Förderung sind Geschichten mit repititive structures (ich kenne keinen passenden deutschen Begriff dafür) – hier können die Kinder sich Sätze, Sprüche oder Ausdrücke durch die Wiederholung besonders gut aneignen. Ein sehr bekanntes Beispiel für ein Buch mit solchen Strukturen ist sicher „Die kleine Raupe Nimmersatt“ von Eric Carle, wo die Kinder wiederkehrende Phrasen schnell mitsprechen. Ein Lieblingsbuch meines Kleinen, in dem er die sich wiederholenden Sätze auch immer erwartet und mitspricht, ist übrigens „Olchi-Opas krötigste Abenteuer„. Häufig eignen sich solche Bilderbücher ebenfalls zur nachahmenden Textproduktion / dem Verfassen von Paralleltexten wie neuen „Kapiteln“.

Wenn dann z.B. in einer Geschichte ein Satzfragment mit verschiedenen grammatischen Formen gefüllt wird (z.B. Akkusativen, Singular und Plural, Zeitformen), dann arbeiten wir schnell auch nach dem sog. DEMEK-Prinzip (hier schonmal erwähnt), wo Grammatik durch Textproduktion implizit gelernt wird. Ein Beispiel: sprachlich macht es einen Unterschied, ob die Raupe einen Apfel oder eine Orange isst.

Ganz anders interessant für den Aufbau und Ausbau des Wortschatzes sind textlose Bilderbücher und Wimmelbilderbücher. Diese laden zum Entdecken und Fabulieren ein und haben einen hohen Aufforderungscharakter für verständliche und genaue Formulierungen. Immer sollte implizite oder explizite Wortschatz- bzw. Wortfeldarbeit mit den Kindern stattfinden, da sich zwar viele Begriffe aus dem Zusammenhang erklären, aber oft noch einer intensiveren Festigung bedürfen. Ich staune immer wieder, welche scheinbar selbstverständlichen Wörter viele Kinder nicht kennen… Wortspeicher mit Text und Bild können hier gemeinsam erstellt werden; mit Hilfe eines Tablets kann man diese auch schnell zum Sprechen bringen (BookCretaor-Seite, QR-Codes…).

Aber nicht vergessen: Bilderbücher sollen Spaß machen! Also lieber nicht zu stark „sezieren“!

Bilderbuch-Beispiele:

Ich wär so gern ein wildes Schaf (hier erwähnt)

Die Torte ist weg (hier zu finden)

(Mein aktueller Favorit) Tief im Ozean (hier zu finden)

Wer weitere schöne Bilderbücher zur Sprachförderung kennt, darf gern einen Kommentar dalassen!

Herzliche Grüße
Katha

Bilderbücher im Unterricht – Teil 3 der Bilderbuchwoche

Diese Woche soll hier im Blog Bilderbuchwoche sein. Wie versprochen geht es heute weiter mit einem weiteren Weg, Bilderbücher in der Grundschule einzusetzen.

Symbolbild von Tumisu auf Pixabay

Möglichkeit 3: Ausgangspunkt für Sachthemen (Fach SU, Fach Mathe)

Es gibt tolle Bücher, an die man sachkundliche oder mathematische Themen anschließen kann. Oftmals erleichtern sie Kindern den Zugang zu einem eher nüchternen Thema oder unterstützen das Verständnis durch gute Visualisierungen. Grundsätzlich geeignet sind hier Sachbilderbücher wie z.B. die „Wieso? Weshalb? Warum?“-Reihe, die einige Kinder auch von Zuhause kennen. Auch einige der eher für Kleinkinder gedachten Pappbilderbücher (teils mit Klappen darin) sind im Unterricht einsetzbar, da sie oft gute, klare Beschriftungen verwenden und so den Bereich der Fachwortschatzarbeit unterstützen. Gerade solche Sachbilderbücher können gut in selbstständigen Arbeitsphasen zur Recherche eingesetzt werden. Ein Beispiel: Viertklässler sollen die Teile einer Burg beschriften. Ich stelle verschiedene Sachbilderbücher zur Verfügung, in denen sie die passenden Begriffe finden können – am besten nutzen die Kinder dabei mehrere Bücher.

Es gibt aber auch „normale“ Bilderbücher, die sachliche Themen zum Inhalt haben und in eine Geschichte verpacken. Bekannte Beispiele sind Bücher wie „Linnea und die größte Bohne der Welt“ oder „Kasimir tischlert“. Sie können zum Einstieg in eine neue Einheit genutzt werden oder als Abschluss. Ersteres kann die Neugier der Kinder wecken und eine Anknüpfung an das Vorwissen erleichtern. Zweiteres bietet die Gelegenheit, Erlerntes in der Geschichte wiederzuerkennen und so zu vertiefen. Manchmal lohnt es auch, einen Vergleich der im Unterricht erarbeiteten Fakten mit der literarischen Darstellung anzustellen. In manchen Fällen kann ein Bilderbuch auch eine MINT-Unterrichtsreihe begleiten, wie es z.B. „Paulas Reisen“ beim Erarbeiten der ebenen Formen tun kann.

Bilderbuch-Beispiele:

Denk dir 100 Menschen (hier zu finden)

Agathe zählt die Sterne (hier vorgestellt)

Wer besser spinnt, gewinnt (hier vorgestellt)

Wer weitere schöne Bilderbücher zu Sachthemen kennt, darf gern einen Kommentar dalassen!

Herzliche Grüße
Katha

Bilderbücher im Unterricht – Teil 2 der Bilderbuchwoche

Diese Woche soll hier im Blog Bilderbuchwoche sein. Wie versprochen geht es heute weiter mit einem weiteren Weg, Bilderbücher in der Grundschule einzusetzen.

Symbolbild von Tumisu auf Pixabay

Möglichkeit 2: Erzähl- oder Schreibanlass (Fach Deutsch)

Über das alltägliche Gespräch zum vorgelesenen Bilderbuch hinaus gehen solche Unterrichtssituationen, in denen das Buch an bestimmten Stellen unterbrochen und mit den Inhalten vertiefend gearbeitet wird. Da werden Dialoge für die Protagonisten geschrieben, Briefe verfasst, Figuren beschrieben und Geschichten nach- oder weitererzählt. Hier sind wir dann didaktisch betrachtet beim sog. „Handlungs- und produktionsprientierten Literaturunterricht“, den maßgeblich Kaspar Spinner geprägt hat, der sich aber auch bei Claus Claussen und anderen Fachleuten abbildet. Grundsätzlich geht es darum, dass die Kinder sich intensiver mit dem Inhalt auseinander setzen, wenn sie ihn nicht nur rezipieren sondern aktiv verarbeiten.

Die Lehrkraft bereitet im Buch passende Stoppstellen vor, an denen das Vorlesen unterbrochen wird. Genau genommen gehört dazu auch das Betrachten und Besprechen des Covers vor dem Lesen (Leseerwartungen? Assoziationen?) dazu. Geeignete Stellen sind oft die Stellen, in denen sich ein Problem oder eine Wendung andeutet – hier können dann Kinder z.B. Lösungsvorschläge für die Figuren des Buchs formulieren, mögliche Dialoge entwickeln etc. Auch das klassische „Wie geht es jetzt wohl weiter? Was passiert der Figur / den Figuren?“ ist mit gemeint. Wichtig ist, dass grundsätzlich eine Offenheit für jeden plausiblen Vorschlag herrscht, was ich mir als Lehrkraft immer wieder sagen muss, den Kindern aber meist leicht fällt.

Spannend sind die immer häufiger zu findenden textlosen Bilderbücher, die das Schreiben/Erzählen mit ihren Bildern geradezu herausfordern. Hier kann nach- oder weitererzählt werden oder bei Büchern mit Wimmelbildcharakter können bestimmte Figuren gewählt und deren Geschichte erzählt werden.

Eine sehr gute Möglichkeit, an diese Erzähl- oder Schreibprozesse anzuschließen sind Schreibkonferenzen, Autorenrunden bzw. allgemein gesprochen Feedback. Die Arbeit mit Audioaufnahmen bietet beim Erzählen die große Chance, dass alle Erzählungen gewürdigt und angehört werden können und dass die Kinder üben können, bis ihre Erzählung ihnen gefällt.

Bilderbuch-Beispiele:

> Drachenpost (hier vorgestellt) – Briefe schreiben

> Die Torte ist weg (hier zu finden) – die Wege der Tiere erzählen

Wer weitere schöne Bilderbücher mit tollen Schreib- und Erzählanlässen kennt, darf gern einen Kommentar dalassen!

Herzliche Grüße
Katha

Bilderbücher im Unterricht – Teil 1 der Bilderbuchwoche

Häufig stelle ich hier im Blog Bilderbücher vor, die ich rezensieren darf. In Unterrichtsbesuchen sehe ich immer wieder tolle Bilderbücher. Auf dem Weg vom ZfsL zum Parkplatz komme ich am Kinderbuchfenster meiner Lieblingsbuchhandlung vorbei. All dies führt dazu, dass sich der Bereich mit Bilderbüchern in meinem Regal irgendwie immer weiter ausdehnt.

Zum Glück habe ich für den Kauf neuer Bücher zwei gute Ausreden: meine Jungs bekommen jedes neue Buch vorgelesen und danach gibt es ja immer schöne Möglichkeiten, die Geschichten im Unterricht einzusetzen.

Symbolbild von Tumisu auf Pixabay

Diese Woche soll hier im Blog Bilderbuchwoche sein. Heute geht es los mit …

Möglichkeit 1: einfach vorlesen (Einsatzbereich: Klassenlehrer*in)

Kinder hören gern Geschichten und die Bilder unterstützen sowohl das Verständnis des Inhalts als auch die Motivation, selbst zum Buch zu greifen. In Bilderbüchern finden die Kinder Figuren, mit denen sie sich identifizieren können, von denen sie Problemlösekompetenz lernen können, sich verstanden fühlen. Sie lernen vielfältige Bilderwelten kennen, da Illustrator*innen unterschiedliche Stile verwenden und sprachliche Vielfalt durch wechselnde Autor*innen.

Nur durch die Konfrontation mit verschiedenen Inhalten und Themen können die Kinder zu einer Urteils- und Auswahlfähigkeit gelangen, die wir ihnen wünschen, um passende Lektüre für sich auszuwählen. Nicht zu vergessen ist der Fakt, dass Kinder in Bilderbüchern auf Lebensbilder, Haltungen, Familienmodelle etc. treffen, die sie von zuhause her nicht kennen bzw. die ihnen zuhause bewusst vorenthalten werden.

Außerdem macht das Zuhören auch einfach mal Spaß, was nicht zu vernachlässigen ist vor lauter didaktischen Überlegungen! Wertvoll sind deshalb Rituale wie das Vorlesen zum Wochenabschluss oder in einer anderen festgelegten Stunde. Es lohnt sich, sich die Zeit zu nehmen: Kinder und Lehrkraft profitieren auf der Beziehungsebene davon und haben einen festen Moment, auf den sich alle jede Woche freuen können. Bestenfalls bringen vielleicht irgendwann dann auch die Kinder eigene (Bilder-)Bücher mit?

Eine Vorlesezeit lebt immer von der Vorleserin bzw. vom Vorleser. Manchen scheint es in die Wiege gelegt worden zu sein, dass man ihnen gern zuhört. Aber auch „Nichttalente“ können das Vorlesen trainieren. Zuhause immer wieder üben, sich Vorlesezeichen ins Buch schreiben und mit Stimme und Betonung arbeiten. Viele gute Tipps hat das KuMi Baden-Württemberg hier zusammengestellt.

Bilderbuch-Beispiele:

> Holgers Haus (hier vorgestellt)

> Mio war da (hier vorgestellt)

Wer weitere schöne Vorlese-Bilderbücher kennt, darf gern einen Kommentar dalassen!

Herzliche Grüße
Katha

P.S.: Wenn es um Bücher geht, darf natürlich ein Link zur Stiftung Lesen nicht fehlen! Hier fassen die Profis nochmal 10 Gründe fürs Vorlesen zusammen.

Rezension: „Holgers Haus“

Titel: „Holgers Haus“
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Verlag: Knesebeck (hier klicken)
Autorin: Jule Wellerdiek
Illustrationen: Jule Wellerdiek
ISBN: 978-3-95728-618-5

Zum Inhalt:
Holger (ein Fuchs) und Stein (ein Stein) wohnen gemeinsam in einem kleinen Häuschen. Die beiden Freunde machen alles gemeinsam: tanzen, spielen, essen, Glühbirnen wechseln …
Eines Tages passiert es aber, dass Stein beim Versuch, die Küche zu streichen, ein riesiges Chaos verursacht und Holger deshalb nicht in Ruhe seine sieben Lieblingsbücher lesen kann. Im Streit fasst er den Entschluss, das Haus auf den Fahrradanhänger zu laden und wegzufahren, um allein und in Ruhe leben zu können. Gedacht – getan.
Holger kann nun also endlich ohne Störungen alles tun, was er tun möchte. Bald merkt er aber, dass ihn das nicht glücklicher macht. Sicher könnt ihr euch denken, wie es dann weitergeht.

Meine Meinung:
Mit „Holgers Haus“ halte ich ein sehr charmantes Bilderbuch in der Hand, das das Thema Freundschaft sehr sensibel aufgreift. Wer hatte nicht schon das Gefühl, dass man ohne Freund oder Freundin, ohne Partner*in oder gar ohne die Kinder mehr Ruhe hätte und glücklicher wäre. Fuchs Holger probiert stellvertretend für uns alle aus, wie es sich denn allein lebt – und kommt nicht weit. Als die erste Aufregung verpufft, merkt er schnell, dass diese Person, die ihn gerade noch mit ihren Eigenheiten in den Wahnsinn treiben konnte, ihm doch viel bedeutet.
Ich mag Holger für diese Erkenntnis und ich mag auch Stein, der trotz seiner Steinigkeit sehr freundlich daher kommt. Jule Wellerdiekt hat die Figuren und die Geschichte mit einem ganz eigenen Malstil zum Leben erweckt und schenkt uns viele Kleinigkeiten, die es zu entdecken gilt. Sehr gut gefällt es mir auch, wie die Buchdeckelinnenseiten als Bildergalerie der Freunde gestaltet sind – so bekommt man einen ganz eigenen Eindruck vom Leben der zwei.

Leseempfehlung:
Zum Vorlesen empfiehlt der Verlag das Buch ab 3 Jahren – da gehe ich gerne mit und halte die Kindergartenzeit und auch noch die ersten Grundschuljahre für eine passende Altersgruppe.
Auch für die Schule kann ich mir „Holgers Haus“ gut vorstellen. Das Buch bietet einen tollen Gesprächsanlass darüber, was man an seinen Freund*innen schätzt, was einen vielleicht auch stört und warum Freundschaft dennoch wichtig ist.

Vielen Dank an den Knesebeck-Verlag für das Rezensionsexemplar!

Beste Grüße,
Katha