Rezension: „Alle nennen mich Nein-Sam!“

 

Titel: „Alle nennen mich Nein-Sam!“
Verlag: dtv (hier klicken)
Autor: Drew Daywalt
Illustrationen: Mike Lowery
Überstzung: Alexandra Rak
ISBN: 978-3-423-76585-5

Zum Inhalt:
Der Titel lässt es erahnen: Mops Sam hört so oft „NEIN!“, dass er schon glaubt, sein Name sei „Nein-Sam!“. Außerdem ist unser Protagonist der festen Überzeugung, er sei ein Mensch und lebe bei einer Familie von Nacktaffen. Wir lernen schnell, dass Sam eine ganz eigene, aus unserer Sicht sehr weltfremde Sicht auf seine Umwelt hat. Er wundert sich zum Beispiel, warum sein Herrchen Justin ihn jeden Morgen in den Garten holt und schimpft, wenn Sam zurück im Wohnzimmer sein Geschäft auf seinem „Kackteppich“ verrichtet. Oder warum niemand außer ihm den „Geisterwolf“ in der Scheibe der Wohnzimmertür sieht, den er vehement verbellt. Justins Freundin Phoebe unterstellt er gar, eine böse Zauberin zu sein.
Sam bekommt allerdings auch Dinge mit, die den Menschen entgehen und wird so unfreiwillig und unabsichtlich zum Helden. 

Meine Meinung:
Bücher aus Haustiersicht gibt es ja immer wieder. Ich erinnere mich zum Beispiel aus Kindheitstagen sehr gut an „Mein 24. Dezember“ 🐶. Sams Tagebuch ist aber definitiv eine Perle dieses Genres. Beim Lesen möchte man ständig lächelnd mit dem Kopf schütteln und dem Mops die Welt erklären. Er ist unheimlich liebenswert chaotisch und sorgt nur für so viel Durcheinander, weil er Justin und seine ganze Familie beschützen will. Sams Geschichte nimmt eine unerwartete Wendung, als immer deutlicher wird, dass zwei Männer, die er als Freunde einstuft, andere, ganz eigene Pläne haben. Sam wird entführt und weiterentführt und die Geschichte nimmt in der zweiten Hälfte so richtig Fahrt auf. Und: Sam entwickelt sich weiter. Er überdenkt erste Einschätzungen und ändert seine Einstellung zu manchen Personen und Dingen. Solche Wandlungen mag ich an literarischen Figuren sehr, weil sie Kindern beim Lesen oder Zuhören zeigen, dass genau das ok ist: Ich darf meine Haltung ändern, ich darf aus Abneigung Zuneigung entwickeln oder andersherum.
Die Kapitel sind meist recht kurz und durch viele Illustrationen aufgelockert, manche davon im Comicstil mit Sprechblasen. Es sind humorvolle Strichzeichnungen mit blauen Akzenten, die oft Sams Tagebucheinträge konterkarieren.

Leseempfehlung:
Für alle Kinder ab acht ist „Alle nennen mich Nein-Sam“ zum Selberlesen geeignet, als Vorlesebuch finde ich es schon im Vorschulalter absolut geeignet. Viele Eltern wird die Geschichte erfreuen, weil sie auch anspricht, wie schwierig es sein kann, ein Haustier zu adoptieren. Kinder werden Sam lieben, denke ich, da er so eine lustige Sicht auf die Welt hat. Und Kinder können sich meiner Erfahrung nach sehr über solche Fehleinschätzungen amüsieren und lieben es, sie zu korrigieren.
Als Vorlesebuch für die Schule kann ich „Nein-Sam“ auch unbedingt empfehlen. Die Geschichte ist lustig, die Sprache einfach und gut verständlich. Es gibt viele nette kleine Gesprächsanlässe ausgehend von Sams Fehleinschätzungen und vielleicht die Anregung, selbst mal ähnliche verrückte Tagebücher aus Tiersicht zu verfassen.

Vielen Dank an den dtv-Verlag für das tierisch lustige Rezensionsexemplar!

Katha

Rezension: „Dogtown“

 

Titel: „Dogtown“
Verlag: dtv (hier klicken)
Autorinnen: Gennifer Choldenko, Katherine Applegate
Illustrationen: Thomas Müller
Übersetzung: Ulli Günther
ISBN: 978-3-423-64131-9

Zum Inhalt:
Welcher Hund möchte nicht gern ein für-immer-Zuhause haben? Die Hunde im Tierheim „Dogtown 2.0“ sehnen sich jedenfalls sehr danach. Die dreibeinige Chance ist die Protagonistin des Buches und nach und nach erfahren wir, warum und wie sie dorthin gekommen ist. Da sie sich im Tierheim frei bewegen darf, freundet sie sich mit Maus an, der von den Menschen unentdeckt mit seiner Familie ebenfalls dort wohnt. Neben Maus gibt es noch Robokopf, einen Roboterhund, der irgendwie anders ist als die anderen Robohunde. Robokopf scheint Heimweh zu haben und möchte aus dem Tierheim fliehen. Was dieses ungewöhnliche Dreiergespann inner- und außerhalb des Tierheims erlebt, ist spannend, sehr lehrreich und findet zum Glück ein gutes Ende – mehr will ich nicht verraten!
Am Ende gibt es noch Tipps, wie man Tierheime unterstützen bzw. Tieren Gutes tun kann.

Meine Meinung:
Die Geschichte braucht ein wenig, bis sie so richtig Fahrt aufnimmt. Zuerst lernen wir die Tierheimhunde ganz genau kennen und nach und nach auch Chances Geschichte. Erst recht spät im Buch büxen Chance, Maus und Robokopf aus und erleben ein Abenteuer, das sie alle emotional verändert. Anfangs habe ich mich etwas schwer damit getan, dass manchmal Informationen erst rückblickend so richtig verständlich werden. Aber der etwas längere Anlauf macht umso besser nachvollziehbar, wie sich die Figuren entwickeln und warum sie wie handeln. Die vereinzelten Illustrationen (Strichzeichnungen) unterstützen den Sympathiefaktor der Tiere.
Ein großes Plus ist für mich die Sprache: viele Kapitel sind sehr kurz und in sich geschlossen. Die Sprache ist insgesamt einfach, ohne vereinfacht zu wirken. Auch für weniger geübte Leser:innen ist Dogtown dadurch wirklich gut zu bewältigen.

Leseempfehlung:
Alle Tierliebhaber:innen ab 9 sollten Dogtown lesen oder sich vorlesen lassen. Die Geschichte lässt uns dabei zusehen, wie Freundschaften entstehen, wo sie niemand vermuten würde. Sie macht deutlich, dass sich Einstellungen und Gefühle verändern können, was eine sehr wertvolle Message ist, denke ich. Nicht zuletzt lernen Lesende, dass die Dinge manchmal anders sind, als wir sie verstehen oder als wir glauben, wie sie sind.

Vielen Dank an den dtv-Verlag für das tierische Rezensionsexemplar!

Katha

Nikolaus-Verlosung: „Fritzi war dabei“

Passend zum heutigen Nikolaustag habe ich ein tolles Buch für euch: Die Wendewundergeschichte „Fritzi war dabei“ von Hanna Schott mit Bildern von Gerda Raidt, veröffentlicht bei Klett Kinderbuch. Gerade wurde die verfilmte Serie der Geschichte von Fritzi und wie sie die deutsche Wiedervereinigung erlebt, mit dem Emmy ausgezeichnet, was meiner Meinung nach äußerst verdient ist. Selten hatte ich ein Buch in der Hand, dass ein so komplexes Thema wie den Mauerfall für Kinder so nachvollziehbar und erlebbar macht!

Nachdem ich das Buch bereits seit Jahren im Regal stehen habe, darf ich jetzt an eine oder einen von euch ein nagelneues Exemplar verlosen. Und so läuft’s:
🧱 Schreibe einen Kommentar und erzähle, wie du die Wiedervereinigung erlebt hast. (Instagram-Kommentare zählen natürlich auch.)
🧱 Bis zum 12.12.25 hast du dafür Zeit, da ich abends an besagtem Freitag die Auslosung durchführen werde.
🧱 Teilnehmen kannst du nur mit Postadresse in Deutschland.

Weshalb sich die Teilnahme unbedingt lohnt? „Fritzi war dabei“ ist ein wunderbares Buch zum Vorlesen oder Selberlesen ab acht. Fritzi möchte gern mit ihren Eltern zu den Leipziger Montagsdemonstrationen gehen, aber ihre Eltern erlauben es nicht. Zu gefährlich!, finden sie. Als dann auch noch die Familie ihrer besten Freundin Sophie aus der DDr flieht, muss Fritzi eine Lösung finden, sie wiederzusehen. Dabei begleiten wir als Lesende Fritzi in die Schule, in die Stadt und vor den Fernseher, der viel Zeitgeist transportiert.
Durch seinen überschaubaren Umfang ist das Buch auch hervorragend als Klassenlektüre geeignet, die sich perfekt mit einer Sachunterrichtseinheit über Deutschland (historische Perspektive) verbinden lässt. Erfreulicherweise findest du auf der oben verlinkten Seite von Klett Kinderbuch auch ein umfangreiches pädagogisches Begleitmaterial.

Nun bleibt mir nur noch, euch einen schönen Nikolaustag und insgesamt ein wunderbares zweites Adventswochenende zu wünschen und natürlich viel Erfolg!

Katha

Rezension (und Material): „Das große Monster-ABC“

Titel: „Das große Monster-ABC“  
Verlag: Verlag (hier klicken
Autor: Jan Kaiser
Illustrationen: Julia Nüsch
ISBN: 978-3-522-45984-6

Zum Inhalt:
Der Name ist Programm: in diesem großformatigen Buch gibt es Monster zu jedem Buchstaben des Alphabets, angefangen bei den Abendmonstern und endend bei den Zwergmonstern. Dazwischen tummeln sich lustige Kerlchen wie die Quadratmonster oder fürchterliche Gesellen wie die Gruselmonster.
Jedes Monster wird in einem Gedicht vorgestellt, wobei der Autor seine eigene Meinung ebenfalls teilt.
Die Illustrationen sind großflächig, teils seitenfüllend. Sie sind in gedeckten Farben gehalten und sehr reich an Einzelheiten.
Zum Buchcover gibt es ein Ausmalbild von der Illustratorin herunterzuladen.

Meine Meinung:
Als ich gefragt wurde, ob ich Das große Monster-ABC rezensieren möchte, war ich ganz begeistert, da mir das Buch vorher schon online ein paar mal über den Weg gelaufen war und mich das Cover sehr angesprochen hatte. Umso mehr habe ich mich über das wirklich große Buch (deutlich über A4) und dessen Wertigkeit gefreut. Die Illustrationen von Julia Nüsch setzen sich im Buch so bezaubernd fort, wie es das Cover verspricht: detailreich und liebenswert, manchmal ein wenig gruselig 👻. Obwohl es ja insgesamt 26 von ihnen gibt, ist jede Monsterart ganz einzigartig geworden und hat ganz individuelle Merkmale.
Sehr erfreut haben mich auch die Reime, denn sie sind die besten, die ich seit Langem gelesen habe. Vor allem übersetzte Reime sind ja doch manchmal holperig, vor allem beim Metrum – aber hier passt alles! Fast scheint man Jan Kaiser beim Grübel zuhören zu können.
Ich bin jetzt definitiv angefixt und möchte demnächst auch „Monster, Monster, fast umsonster“ von diesem Team kennenlernen.

Leseempfehlung:
Alle Großen und Kleinen, die Spaß an Sprache haben, sollten die Monster im Großen Monster-ABC unbedingt kennenlernen! Durch die sehr ansprechenden Bilder kommen Kinder ab fünf (laut Verlag) absolut auf ihre Kosten. Und das Vorlesen ist meines Erachtens Sprachförderung pur – die Reime sind so eingängig und charmant!
Ihr wollt immer auch gern wissen, wie es mit dem Einsatz in der Grundschule aussieht: ja! Definitiv! Ich habe mir direkt ein paar Notizen gemacht, was man an dieses Buch alles anschließen könnte:
👹 Die SuS verfassen ein eigenes Monster-ABC. Je nach Lust, Sprachstand und Erfindungsreichtum können dazu die Monster aus dem Buch oder eigene Monster genutzt werden. Hier bietet sich auch gut die Arbeit mit Wörterbuch bzw. Wörterliste an, um sich inspirieren zu lassen.
👹 Die Reime des Buches regen dazu an, selbst auch Reime zu finden und intensiv mit Reimwörtern zu arbeiten.
👹 Die Monster lassen sich teilweise kategorisieren, also zu Gruppen unter Oberbegriffen zusammenfassen. Gruselige Monster, lustige Monster, Formenmonster oder andere Kategorien lassen sich bilden. Die Formenmonster können auch in Mathe aufgegriffen werden.
👹 Sprech- / Spiel- / Schreibanlass: Was wird wohl gesprochen, wenn sich zwei Monster einer Art treffen oder sogar verschiedene Monsterarten? Sind die Dialoge leise, laut, freundlich, aggressiv…? Wie sprechen Monster?
👹 Künstlerisch wird es, wenn die SuS jeden Buchstaben auf A4 oder A3 monsterhaft gestalten und dabei die Monster aus dem Buch oder eigene zur Anregung nutzt.
👹 Erzähl- oder Schreibanlass: Die Zwergmonster machen viel Quatsch. Die Kinder erfinden Geschichten, was die Zwerge so treiben oder schieben ihnen die Schuld für echte Ereignisse in die Schuhe. Die Situationen können auch gezeichnet werden.
👹 Memory- oder Dominokarten mit den Buchstaben und den Monstern bzw. namengebenden Begriffen kann gestaltet werden.

Alle diese Ideen bekommt ihr am Ende des Beitrags zusammengefasst als Datei mit neun monsterstarken 🧾Arbeitsblättern.

Vielen Dank an den Verlag und an den lieben Jan Kaiser persönlich für das Rezensionsexemplar!

Katha

Doppel-Rezension: Psychologische Kinderbücher „Sam kann nicht schlafen“ & „Yaras Sternenhimmel“

Titel: „Sam kann nicht schlafen“ & „Yaras Sternenhimmel“
Verlag: hogrefe (hier klicken und hier klicken) – Psychologische Kinderbücher
Autor:innen: Dr. Katharina Szota (Hrsg.) / Dr. Hanna Christiansen (Hrsg.)
Illustrationen: Laila Büchler / Anna-Lena Bolz
ISBN: 978-3-456-86423-5 & 978-3-456-86432-7

Vorab zur Reihe:
Die Bücherreihe „Psychologische Kinderbücher“ geht auf eine Zusammenarbeit des Fachbereichs Psychologie und des Instituts für bildende Kunst an der Philipps-Universität Marburg zurück. Studierende des Psychologie steuerten Texte für Kinderbilderbücher bei, Kunst-Studierende die Illustrationen. Allein schon vor diesem Hintergrund sind die entstandenen Werke empfehlenswert. Neben den beiden hier vorgestellten Bänden gibt es weitere Bücher zum Beispiel zu Vernachlässigung, Gewalt an Kindern oder emotionaler Gewalt, aber auch zu eher schulbezogenen Themen wie Rechenstörungen oder dem Schulanfang.
Die Bilderbücher beginnen immer mit einem Geschichtenteil und werden ergänzt durch Anregungen, Materialien und Links zum jeweiligen Thema.

Zum Inhalt:
Sam erlebt durch die Nachrichten mit, wie der Krieg nach Europa kommt und wie seine Familienmitglieder darauf reagieren. Er macht sich viele Gedanken dazu und große Sorgen. Was, wenn der Krieg bis zu uns kommt? Was passiert eigentlich den Kindern im Kriegsgebiet? Diese und weitere Fragen beschäftigen Sam so sehr, dass Bauchweh und Konzentrationsprobleme die Folge sind. Zum Glück kann er mit seinen Eltern reden und entwickelt sogar eine Idee, wie er sich engagieren kann.

Yara musste mit ihrer Kernfamilie aus Syrien fliehen und lebt schon eine Weile in Deutschland. Nun kommt sie neu in Leons Klasse und ist auch seine Nachbarin. Schnell merken die beiden, dass ihr Interesse an Sternbildern und dem Nachthimmel sie verbindet und sie freunden sich an. Aber nicht jedes Kind in der 4b tritt Yara so unvoreingenommen gegenüber… Vorurteile und Alltagsrassismus tauchen in dieser Geschichte an verschiedenen Stellen auf.

Meine Meinung:
Beide Geschichten und ihre Held:innen erinnern mich sofort an Kinder, die ich privat oder aus meinen Klassen kenne. Beide Themenkomplexe, also Ängste/Krieg und Migration/Rassismus, beschäftigen wohl jede pädagogisch tätige Person in den letzten Jahren. Selbst wir Erwachsene erleben eine von Krisen geprägte Zeit und fühlen uns manchmal rat- oder hilflos, besorgt und ängstlich. Kinder sind den überall präsenten Nachrichten von Krieg, Gewalt und Hetze fast schutzlos ausgeliefert und benötigen dringend die klärende Einordnung des Geschehens durch uns Erwachsene (Eltern und Pädagog:innen) sowie unsere Unterstützung. Für beides bieten die vorgestellten Bücher den schönen Ansatz des Bilderbuchs, von dem ausgehend eine vertiefte Beschäftigung erfolgen kann. Beide stellen Anschlussaktivitäten und Links vor, die im Gespräch mit Kindern helfen können. Nicht zuletzt gibt es konkrete Tipps für Erwachsene. Als Mutter scheint mir vieles davon eher selbstverständlich zu sein – als Lehrerin weiß ich aber auch, dass nicht in allen Familien emotional gut für Kinder gesorgt wird und kann die Anregungen professionell aufnehmen. Sowohl Sams Geschichte als auch die von Yara und Leon bieten gute Gelegenheiten, über Diversität, Individualität und Emotionen im Allgemeinen ins Gespräch zu kommen.

Leseempfehlung:
Allen Eltern und Lehrkräften/Pädagog:innen kann ich beide Bücher sehr ans Herz legen, weil sie selbst Profis noch einmal sensibilisieren. „Sam kann nicht schlafen“ öffnet Fachkräften in Schule, OGS, Hort oder Kita nochmal die Augen dafür, woran Verhaltesveränderungen bei Kindern auch liegen können. „Yaras Sternenhimmel“ ist eine weitere schöne Ergänzung für einen Büchertisch rund ums Thema Migration, das alle Schulen, alle Klassen und somit alle Kinder direkt betrifft.

Vielen Dank an den Verlag hogrefe für die beiden Rezensionsexemplare!

Katha

Rezension: „Hoch hinaus mit Leni“

Titel: „Hoch hinaus mit Leni“
Verlag: Hogrefe (hier klicken)
Autor:innen: Sara Aeschlimann, Adrian Wullschleger
Illustrationen: Sara Aeschlimann
ISBN: 978-3-456-86380-1

Zum Inhalt:
Dieses Buch ist kein reines Bilderbuch, sondern besteht aus drei Teilen: Der erste Teil (also das Bilderbuch) erzählt die Geschichte von Leni, einem Pinguin mit viel zu großen Flügeln. Leni kann deshalb nicht so gut laufen und schwimmen wie die anderen Pinguine, fühlt sich unbegrenzt und traurig. Dann aber trifft sie den Albatros, der ebenfalls sehr große Flügel hat und Leni dazu ermutigt, diese zum Fliegen zu nutzen. Also übt Leni fleißig und schafft das Besondere. 

Der zweite und dritte Teil des Buches sind für Eltern und Pädagog:innen gedacht und beinhalten Übungen für Kinder rund um das Thema Diversität sowie Hintergründe für begleitende Erwachsene. Der Kinderteil erklärt schrittweise am Beispiel von Lenis Pinguinkolonie, was Diversität ist und lädt dazu ein, sich selbst und die eigene Umgebung zu reflektieren. Der Erwachsenenteil sammelt Impulse, wie man bewusster und reflektierter mit Diversität umgehen und diverse Kindergruppen begleiten kann.

Meine Meinung:
Lenis Geschichte ist anrührend und durch die symbolische Ebene der Tierwelt für Kinder gut greifbar – nicht umsonst wird das Motiv des Tieres, das anders ist, immer wieder aufgegriffen (am prominentesten sicher in „Findet Nemo“). Mir persönlich ist der fliegende Pinguin bzw. sind die später dargestellten Pinguine mit Rollstuhl, Blindenstock oder großen Ohren dann doch etwas zu plakativ – ich bin ja aber auch kein Kind mehr. Die Haltung hinter der Geschichte ist auf jeden Fall positiv und die Message des Buches wichtig. 
Die Begleitmaterialien sind professionell aufbereitet und geben eine sinnvolle Schrittigkeit vor. Vom Konkreten zum Abstrakten, von mir zu den Menschen um mich herum, das sind für Kinder nachvollziehbare Denkwege. Um das Buch mehrmals nutzen zu können ist es aus meiner Pädagoginnensicht sehr schön, dass die Materialien für die Kinder separat zum Download angeboten werden (über einen Code im Buch).

Leseempfehlung:
Lenis Geschichte ist gut für Kinder im Kindergartenalter und in den ersten Schuljahren geeignet. Die Materialien in Teil 2 und 3 machen es Lehrkräften leicht, das komplexe Thema von Diversität und Inklusion anzugehen und verständliche Formulierungen zu verwenden.
Das Buch kann ein sehr guter Ausgangspunkt dafür sein, ein Klassenprojekt durchzuführen, in dem alle Kinder ihre Stärken und Schwächen reflektieren und darüber ins Gespräch kommen. Dadurch kann das Lernklima unheimlich gestärkt werden, weil nochmal klar wird, dass niemand besser oder schlechter ist als andere.

Vielen Dank an den Verlag Hogrefe für das Rezensionsexemplar!

Katha

Rezension: „Selma, du machst das falsch“

Titel: „Selma, du machst das falsch“
Verlag: NordSüd (hier klicken)
Autorin: Tini Malina
Illustrationen: Tini Malina
ISBN: 978-3-314-10736-8

Zum Inhalt:
Selma ist eine Spinne unter vielen, die auf der großen Wiese leben. Aber anders als die anderen Spinnen spinnt Selma ihre Netze nicht, um saftige Fliegen zu fangen. Selma möchte in ihren Netzen die Besonderheiten des Universums einfangen. Zu Selmas künstlerischen Netzen sagen die andern Spinnen immer nur „Du machst das falsch!“. Aber Selma lässt sich nicht beirren und geht ihren Weg weiter. Der führt sie sogar auf das hohe Haus, das man von der Wiese aus sehen kann. Hier will Selma ein ganz besonderes Netz spinnen. Ob das gelingt, verrate ich hier aber nicht.
Die Illustrationen sind seitenfüllend und von klaren Farben und Formen geprägt (s.u.). Diese sind auf der Wiese sehr leuchtend, am Haus und später eher in Grautönen gehalten. Die Bilder bieten trotz ihrer Schlichtheit Raum für Entdeckungen und zum Beschreiben dessen, was vor sich geht.

Meine Meinung:
Dieses Buch ist eines von denen, die mich schon beim ersten Blick auf das Cover packen. Als Bonus habe ich beim Auspacken feststellen dürfen, dass die Weben auf dem Cover auch noch dreidimensional sind (sog. Relieflack) – ich kann mich ja auch über Kleinigkeiten freuen. Die niedliche kleine Spinne Selma mit ihrer „Künstlermütze“ (sagt mein Sohn) und ihr Netz-Kunstwerk sprechen mich unheimlich an und weckten auch direkt die Neugier beim Junior. Tini Malina hat in meinen Augen ein Gesamtkunstwerk geschaffen, das mit einem einfachen Handlungsstrang auskommt.
Inhaltlich gibt Selma uns die Lehre mit auf den Weg, dass wir an uns glauben sollen und uns nicht von den anderen reinreden lassen. Gegen den Strom zu schwimmen und dennoch auch mal einen wohlmeinenden Rat anzunehmen – auch das sind Erkenntnisse aus Selmas Geschichte. Meiner Meinung nach können gerade Kinder solch eine Message nicht oft genug hören (und vor allem dann nicht, wenn sie so sympathisch verpackt ist).
Ein wenig erinnert Selma mich an „Frederick“ von Leo Lionni: beide sehen mehr in der Welt und dem Leben als Nahrung zu finden. Beide lassen sich von Widerstand nicht aufhalten und beide verzaubern ihre Artgenossen schlussendlich. Außerdem hatten Junior und ich beim Lesen deutliche Flashbacks zu Eric Carles „Die kleine Spinne spinnt und schweigt“ – eben auch eine Spinne und auch diese dreidimensionalen Netze zum Fühlen 😊.

Leseempfehlung:
Für Kinder ab vier empfiehlt der Verlag das Buch – da gehe ich absolut mit. Vor allem durch die Klarheit der Illustrationen können so junge Kinder bereits gut damit umgehen. Weder Bilder noch Texte sind „zu niedlich“, so dass ich dieses Bilderbuch auch für ältere Kindergarten- und Schulkinder empfehle. 

Für die Grundschule gedacht kommen mir viele Ideen, die man von diesem zauberhaften Bilderbuch ausgehend umsetzen könnte: Zuerst Kunst, wo man mit Flüssigkleber und Wasserfarben Spinnennetze zeichnen kann, die einen ebenso dreidimensionalen Effekt haben wie die auf dem Cover.
In Deutsch können z. B. Paralleltexte geschrieben werden, wo Selma was für ein Netz spannt und wen sie dabei trifft (Hochhaus – alte Spinne – Mond und Sterne). Oder die Kinder spielen Dialoge zwischen Selma und einer anderen Spinne nach. Oder sie lesen und analysieren Sachtexte über Spinnen. Oder man richtet eine thematische Leseecke zu Spinnen ein, die mit Selma und der kleinen Spinne von Carle über weitere Bilderbücher oder Comics wie Spiderman bis zu Sachbüchern reicht. Oder … naja, ihr seid ja noch viel kreativer als ich!
Zuletzt: KI – Die Kinder können für Selma ein thematisches Netz erfinden und es einer bildgenerierenden KI so genau beschreiben, dass ein gewünschtes Bild entsteht.

Vielen Dank an den Nordsüd-Verlag für das zauberhafte Rezensionsexemplar mit dem tollen Poster dazu! Das wird einen Ehrenplatz in meinem Büro bekommen (nach der anstehenden Renovierung).

Katha

Rezension: „Fabelwesen“

Titel: „Fabelwesen. Fantastische Tiergestalten“
Verlag: NordSüd (hier klicken)
Autorin: Cornelia Funke
Illustrationen: Ruby Warnecke
ISBN: 978-3-314-10731-3

Zum Inhalt:
Cornelia Funke als Autorin beschreibt bekanntere und weniger bekannte Fabelwesen aus aller Welt, die von Ruby Warnecke illustriert wurden. Mit dabei sind natürlich Einhorn, Drache oder Phönix, aber auch uns Europäern unvertrautere Wesen wie das Qilin oder der Barong. Freund:innen der magischen Welt von Harry Potter oder den Fantastischen Tierwesen kennen sicher ein paar mehr der Porträtierten als Muggel das tun…
Jedem Wesen ist eine Doppelseite gewidmet, auf der es in klaren, farbenfrohen Darstellungen gezeigt wird und auf der es einen kurzen, direkt an die Lesenden gerichteten Infotext gibt. Die Illustrationen erinnern an die Scherenschnittechnik und jede Seite hat einen einzigartigen, farblich passenden Rahmen.

Meine Meinung:
Man erkennt in jeder Seite die Freude am Projekt, die die beiden Schöpferinnen auf den Schlusseiten auch beschreiben. Die Wesen werden sehr wertschätzend mit ihren zugeschriebenen Eigenschaften beschrieben und niemals in gut und böse kategorisert. Mir gefällt es auch, dass die verschiedenen Glaubenseinflüsse und religiösen Bezüge von Cornelia Funke absolut wertfrei und kindgerecht beschrieben werden.
Dass sich die Texte direkt an die Lesenden richten, erzeugt ein Gefühl von Verbundenheit und lässt mich gedanklich auf eine fantastische Weltreise gehen.
Die Illustrationen fand ich beim ersten Blättern ungewohnt, fast befremdlich. Je öfter ich das Buch aber jetzt in der Hand hatte, desto mehr mag ich diesen Stil und glaube, dass er durch seine Klarheit für viele Kinder sehr gut wahrnehmbar und verständlich ist.

Leseempfehlung:
Für Kinder und Interessierte ab fünf Jahren empfiehlt der Verlag das Buch. Da gehe ich absolut mit underweitere noch um Weltenbummler:innen jeden Alters (also z. B. Großeltern), die beim Lesen und Vorlesen sicher spannende Erlebnisse und Hintergrundgeschichten zu den Wesen erzählen könnten.
Da ich immer auch für die Schule mitdenke, kann ich mir dieses Buch spannend als Ausgangspunkt für eine Fabelwesen-Einheit im Fach Kunst vorstellen, bei der in Scherenschnitten und Collagen ganz eigene Fabelwesen entstehen könnten (z. B. mit Bezug zum Klassiker „Rhinozerus“).

Vielen Dank an den NordSüd-Verlag für das druckfrische Rezensionsexemplar!

Katha

Rezension: „Nachts in der Bibliothek“

„Nachts in der Bibliothek“
Verlag: Loewe (hier klicken)
Autor: Christopher Lincoln 
Illustrationen: Christopher Lincoln (mit Unterstützung von Bonaia Rosado)
Übersetzung: Nadine Mannchen
ISBN: 978-3-7320-2609-8

Zum Inhalt:
Die zehnjährigen Zwillinge Page und Turner (ja, Wortspiel) dürfen das Haus allein nur verlassen, um die Bibliothek zu besuchen. Dementsprechend gut kennen sie sich dort aus. Was sie allerdings bislang nicht wussten, ist, dass es in der Bibliothek eine Nachtwache gibt – und das hat einen guten Grund. 
„In Büchern wächst Magie. […] je älter das Buch und je mehr Bücher am selben Fleck, desto mehr Magie staut sich an. […] Schließlich führen diese Kräfte zu exklusiven Ausbrüchen.“ So beginnt die Geschichte und so geschieht es, dass Figuren aus Büchern entkommen. Page und Turner stecken plötzlich mitten in einem aufregenden Abenteuer, in dem sie Alice (aus dem Wunderland), Mr. Robinson (von der Schatzinsel), Jack (mit der Bohnenranke) und andere kennenlernen und Seite an Seite mit ihnen die Bibliothek zu retten versuchen. Nicht zuletzt ist es für die Kinder (auch wenn Page nicht Kind genannt werden möchte) auch eine Reise zu sich selbst und ihren Stärken.
Mit „Nachts in der Bibliothek“ hat der 71jährige Christopher Lincoln seine erste Graphic Novel geschaffen, weil er mit seinem geplanten dritten Roman einfach nicht weiter kam. In die comicartige Story sind zudem neben den klassischen Sprechblasen und Erzählfeldern immer wieder Cover der vorkommenden Bücher eingestreut und eineiige Zitate rund ums Lesen, die die Bibliothek zieren.

Meine Meinung:
Mein Sohn (der sonst nur Minecraft lies) hat das Buch direkt mit in den Urlaub genommen. Auf meine Frage, ob er es gelesen habe, sagte er: „Ja. mehrmals.“ Ich glaube, die Bedeutung dieses Lobes dürfte klar sein…
Mir als Erwchsene hat die Graphic Novel ebenso gut gefallen. Aspekt 1: die Farben. Das ganze Buch ist eher in gedeckteren, oft dunklen Farben gehalten, da es ja nachts in einer Bibliothek spielt. Je nach gerade vorherrschender Geschichte verändern sich jedoch die Farbtöne – das zieht mich als Lesende zusätzlich in den Bann. Aspekt 2: die Bücher. Fast alle Bücher, die eine Rolle spielen, habe ich selbst schon gelesen und finde somit exzellente Anknüpfungspunkte. Aber obwohl mein Junior die nicht alle kennt, konnte er dem Plot dennoch folgen. Aspekt 3: die Macht und Magie der Bücher. Bereits bei den ersten Seiten und dem oben zitierten Beginn hatte mich dieses Buch gepackt. Und nicht zuletzt macht es einfach Freude beim Lesen. Wir hoffen auf eine baldige Fortsetzung!

Leseempfehlung:
Für alle Bücherfans ab etwa der späten zweiten Klasse* kann ich „Nachts in der Bibliothek“ von Herzen empfehlen – der Verlag meint „ab zehn“. Erwachsene sind in meiner Empfehlung dieses Mal ausdrücklich mit gemeint! Und weil eine Graphic Novel mehr Bilder als Worte hat, ist die Geschichte auch für Kinder geeignet, die sich an dicke Bücher sonst eher nicht herantrauen. 
Zum Vorlesen in der Klasse würde ich das Buch nicht einsetzen, weil man Comics und Graphic Novels halt einfach schlecht vorlesen kann, es ist aber eine tolle Erweiterung für die Klassenbibliothek. Wer sich dank Presenterkamera doch ans Vorlesen wagen sollte, könnte tolle Anschlussaktivitäten planen: eigene Lieblingsbücher bzw. -figuren in die Story einbauen (erzählen/schreiben) oder zum Beispiel Helden und Antihelden im Kunstunterricht zeichnerisch antreten lassen. 

Vielen Dank an den Loewe-Verlag für das Rezensionsexemplar inklusive zauberhaftem Begleitbrief!

Katha

* Wegen des kleinen Texts könnte es Leseanfänger:innen schwer fallen.

Rezension: „Nightmore – Das gruseligste Internat der Welt“

Titel: „Nightmore – Das gruseligste Internat der Welt (Band 1) – Plötzlich Werwolf“
Verlag: Loewe (hier klicken)
Autorin: Vanessa Walder
Illustrationen: Philipp Ach
ISBN: 978-3-7320-2652-4

Zum Inhalt:
Finn besucht eine ganz besondere Schule, nämlich das Internat „Nightmore“ hoch in den schottischen Highlands. Finn besucht diese Schule seit Kurzem, weil er selbst besonders ist, nämlich ein (bisschen) Werwolf. Und Nightmore ist für Nocties, also Wesen der Nacht und der Dunkelheit. Finn ist allerdings nicht so ganz freiwillig dort und versucht deshalb zu fliehen. Dabei lernt er die Dämonin Sinista kennen, die ihm bei einem Rausschmiss helfen will. Weil aber eine Dämonin manches etwas anders sieht, wird es abenteuerlich…
Wir lernen eine spannende Gegend kennen, interessante nichtmenschliche Lehrkräfte und gruselige Wesen. Wir nehmen als Lesende an einem Blutball-Spiel teil und fiebern mit Finn, ob er sein Ziel erreicht.

Meine Meinung:
Bücher über magische oder anders besondere Schulen haben aktuell ja durchaus Konjunktur – da muss sich eine neue Reihe ja erstmal einen Platz rechtfertigen. Von der Story her bietet der erste Band von Nightmore für meinen Geschmack noch etwas Luft nach oben. Aber: die Reihe hat eben auch eine andere Zielgruppe als zum Beispiel die „School of Talents“-Bücher. Nightmore spricht auch weniger viel lesende Kinder an durch viele Bilder, eher große Schrift und einen geringeren Umfang. Die Illustrationen sind, passend zum gruseligen Thema, durchgehen in schwarz-weiß gehalten und oft ganzseitig im Texthintergrund. Die Kapitel sind auch für ungeübtere Lesende gut zu bewältigen und als zusätzliche Unterstützung gibt es Aussprachehilfen für englische Begriffe. Mein Sohn war begeistert vom Buch und freut sich bereits auf eine Fortsetzung!

Leseempfehlung:

Für Kinder ab sieben empfiehlt der Verlag das Buch. Ich glaube, dass die Zielgruppe gut in der dritten und vierten Klasse liegt, wenn es um Kinder mit weniger Lesekompetenz geht. In Schul- und Klassenbüchereien wird die beginnende Nightmore-Reihe sicher ihren Platz finden, da Werwölfe & Co. die Kinder alters- und geschlechtsunabhängig ansprechen.

Vielen Dank an den Loewe-Verlag für das Rezensionsexemplar und das so liebevoll gepackte Päckchen darumherum! Meine Kinder haben sich sehr über die Gimmicks gefreut!

Katha