Mein Beitrag zur #EduBlogparade (angeregt u.a. von Susanne Posselt) und passend zum Weltlehrkräftetag am 05. Oktober greift heute ganz subjektiv o.g. Frage auf.
Lehrkräfte haben vormittags recht und nachmittags frei, verdienen 5000€ netto, unterrichten 30 Jahre lang, was sie einmal vorbereitet haben und hassen Kinder (und Eltern). Viele Klischees sind über unseren Beruf im Umlauf, den jeder ja mal als Schulkind erleben oder erleiden musste und deshalb natürlich gut kennt. Selbst in seriöseren Medienberichten liest man 2024 nicht unbedingt die positiven Seiten des Lehrkraftseins: immer mehr und immer heterogene Schüler:innen in den Klassen, immer weniger wirklich ausgebildete Erwachsene unterrichten sie. Immer mehr Aufgaben werden der Schule zugeschrieben, teils, weil sie im Elternhaus nicht (mehr) übernommen werden. Warum sollte nun also noch irgendjemand beschließen, eine Karriere als Lehrkraft anzugehen?
Kurz gesagt: Weil Lehrer:in der coolste Beruf der Welt ist!
Etwas ausführlicher und natürlich total subjektiv und nicht validiert kommt hier eine unsortierte Liste meiner guten Gründe:
- Jeder Tag ist anders. Es wird nicht langweilig! Die Kinder reagieren jedes Mal anders und bringen so viel Abwechselung in den Alltag. Von Tag zu Tag, manchmal von Stunde zu Stunde erlebst du Liebe, Streit, Freude, Stress, Freundschaft, Ärger, Witze, Wut, Versöhnung, Erfolg, und noch viel mehr.
- Setze deine Individualität ein: du prägst deine Klassen, du kannst dich in der Schule mit deinem Talent einbringen. Lies die Bücher mit den Kindern, die auch dir gefallen und geh im Sachunterricht auf Themen, in denen du dich wohl fühlst – das macht viel mit deinem Unterricht und solche Freiheiten bieten die Lehrpläne und Vorgaben!
- Du bleibst beweglich. Körperlich allein schon dadurch, dass du (zumindest an der GS) nur selten zum Hinsetzen kommst. Und geistig, weil du einfach immer wissen musst, was bei Zehnjährigen grad so abgeht und wie zeitgemäß dein Unterricht eigentlich ist. Dabei bleibst du definitiv jung!
- FLEXIBILITÄT. Du erarbeitest dir Skills, die du sowohl beruflich wie privat nutzen kannst, weil du immer wieder mit wenig Zeit und wenigen bis keinen Mitteln was Cooles hinkriegen musst.
- Die Kinder wachsen zu sehen ist unfassbar toll. Viertklässler zu verabschieden, die man als I-Dötzchen kennengelernt hat, treibt selbst mir immer wieder Tränen in die Augen. Die anstrengendsten ersten ein bis zwei Jahre werden etwas verdrängt, wenn man dann ab Klasse 2/3 die Früchte erntet, also die Kinder plötzlich methodisch sicher werden, Rituale beherrschen und immer selbstständiger werden.
- Offene Augen und ein geweiteter Horizont: ich war mit meinen Klassen an Orten, die ich sicher sonst nicht besucht hätte (Stadtarchiv, Maleratelier, Theateraufführungen, …) und die mich immer wieder beeindruckt und bereichert haben.
- Unterrichten macht (meistens) Spaß. Es ist immer wieder toll zu sehen, wenn meine mühsam erdachten Aufgaben angenommen werden, Begeisterung bei den Kinder auslösen oder Aha-Momente möglich machen. Gemeinsam über Witze lachen, sich mit den Kids zum Affen machen, süß-naive Fragen ohne Lachflash beantworten, „du bist die beste Lehrerin“ hören – diese Momente hebe ich im Herzen auf und sie tragen mich auch durch schlechtere Tage.
- Ganz nüchtern betrachtet: die finanzielle Sicherheit und die Betreuung eigener Kinder in Ferienzeiten sind nicht außer Acht zu lassen und haben uns während der partiellen Schulschließungen als Familie echt gerettet. Ein Auto oder gar ein Haus zu finanzieren sind als Teil des ÖD eben schon deutlich einfacher. Und ja, ich kann nicht mal eben so ein paar Tage weg – dafür kenne ich aber meine freien Tage für die nächsten Jahre im Voraus.
Ich liebe meinen Beruf, wollte ihn schon früh und würde ihn jederzeit wieder ergreifen. Nun bin ich ja schon ein paar Jährchen im Seminarbetrieb und liebe auch das, vielleicht sogar noch etwas mehr. Aber auch nur, weil ich selbst mit wenig eigenem Unterricht fast täglich in Grundschulklassen sein darf und tollen Kindern beim Lernen und tollen LAA beim Lehren, Wachsen, Lernen zusehen darf.
Natürlich darf man den Beruf und seine Anforderungen nicht romantisieren, deshalb hier ein paar Kriterien, die eher nicht für eine Karriere als Lehrkraft sprechen:
- Du wirst nicht gern angesprochen (im Minutentakt).
- Du magst Menschen, speziell Kinder, nicht sonderlich.
- Du brauchst regelmäßige Arbeitszeiten.
- Du lässt dir nicht gern Vorschriften machen, strebst nach Autonomie.
- Du möchtest nach Dienstschlussnichts mit der Arbeit zu tun haben (und mit Menschen von der Arbeit).
- Du magst Digitales absolut nicht.
- Du fühlst dich von Neuerungen leicht überfordert.
- Du möchtest flexibel Urlaub nehmen können, z. B. für ein langes Wochenende mit Freunden.
- Du möchtest „Karriere machen“. Das ist ziemlich eingeschränkt, solange du im „operativen Geschäft“, also dem Unterricht, bleiben willst.
Ihr habt bestimmt noch andere, gute Gründe, Lehrkraft geworden zu sein und/oder zu bleiben. ich würde mich gerade hier mal wieder über Kommentare freuen!
Katha



