Grundlagen für die Planung guten Deutschunterrichts

Als mein voriger Ausbildungsdurchgang begann, habe ich einen Grundsatztext über integrativen Deutschunterricht verfasst. Anderthalb Jahre später ist dieser Jahrgang fertig und verabschiedet und die ersten Kern- und Fachseminarseitzungen mit den neuen LAA und LiA finden statt. Manchmal lese ich dann nach, was mir „früher“ in dieser Phase wichtig war und überlege, ob sich daran etwas geändert hat. In diesem Fall kann ich jedes Wort vom Juni 2024 absolut unterstreichen und werde sehr ähnlich mit meinem neuen Fachseminar beginnen. Der Fokus liegt ganz klar darauf, den Tendenzen zu falsch verstandener Individualisierung entgegen zu wirken und den Blick der angehenden Lehrkräfte auf den integrativen Ansatz des Deutschunterrichts zu lenken.

Dazu wird u.a. wieder ein Planungsraster zum Einsatz kommen, das Beate Leßmann zur Verfügung stellt. Es zeigt durch seinen Aufbau wunderbar deutlich, welchen Blick wir auf den Deutschunterricht brauchen. Es ist ein ganzheitlicher, themenorientierter Blick, der die Inklusion direkt mitdenkt und Wert auf all das legt, das gemeinsam gelernt wird. Neben den Lehrplanbereichen gibt es in Leßmanns Raster auch Felder für Überlegungen zu Wahrnehmung, Kommunikation/Sprache, emotionalem Handeln und Lernstrategien.
Natürlich gibt es auch Bereiche im Fach Deutsch, die eher ein individuelles Bearbeiten nahelegen (Rechtschreibung üben z.B.), aber vieles kann gemeinsames Thema sein, an dem jedes Kind auf dem eigenen Niveau und im eigenen Tempo arbeiten kann, um am Ende in einen gemeinsamen Austausch zu kommen.

Um diesen Blick bei meinen LAA von Beginn an zu schärfen, nutze ich die Arbeit mit einem Bilderbuch als Beispiel. Viele Bilderbücher ermöglich es geradezu idealtypisch, den verschiedenen Bereichen des Lehrplans gerecht zu werden sowie den Unterricht projektartig und für die Kinder bedeutsam zu gestalten. In der engeren Auswahl hatte ich in den letzten Tagen „Ausflug zum Mond“ von John Hare (vgl. hier), „Die zauberhafte Wortverlosung“ von Jutta Degenhardt, „Der Wortschatz“ von Rebecca Gugger (vgl. hier) und „Die Geschichte vom Löwen, der nicht schreiben konnte“ von Martin Baltscheit (vgl. hier). Letztendlich fiel meine Wahl auf den Löwen, da der für unser estes Fachseminar eine entspannte Vorlesesituation ermöglicht und sehr niederschwellig Ideen zum Buch gesammelt werden können: Briefe schreiben in verschiedenen Varianten, szenisches Spiel, Wortschatzarbeit, Sprache untersuchen (Briefaufbau), Lesen (der Briefe im Buch) …

Symbolbild, generiert mit ChatGPT

Wenn ich eine neue Unterrichtseinheit plane, nutze ich die für mich bewährte Vorgehensweise:
1. Brainstorming – also alles sammeln, was zum Thema passen könnte, was ich gern machen würde, was mich und die Kinder interessiert
2. (Aus)Sortieren, Gliedern, Strukturieren – also eine sinnvolle Progression in die Reihe bringen sowie die Lernziele und zu erwerbenden Kompetenzen festlegen
3. Material suchen & Lernaufgaben formulieren, passend zu den Lernzielen und Kompetenzen
4. Flexibel bleiben und auch im Laufe der Einheit Anpassungen vornehmen
Das oben verlinkte Planungsraster kann für den ersten Schritt eine richtig gute Grundlage darstellen. Und Online-Recherche (vor allem bei Eduki & Co) sollte nicht vor Schritt 3 erfolgen! Sonst planst du leicht eher vom Material aus als vom Inhalt her (hier moralischen Zeigefinger vorstellen)!

Wie handhabt ihr das? Wie plant ihr eine integrative Einheit in Deutsch? Ich freue mich hier in den Kommentaren, bei Instagram oder als Mail über deine Ideen und Tipps!

Katha

P.S.: Danke an Franziska für den Hinweis, dass ich die Kompetenzerwartungen und Lernziele zwar mitgedacht, aber nicht explizit erwähnt hatte – das ist jetzt geändert!

Klassenregeln – ein leidiges Thema?

Im Rahmen meiner Arbeit als Ausbilderin vertiefe ich mich ja immer wieder neu in bestimmte didaktische Felder. Zuletzt waren u.a. Klassenregeln dabei, die wir sowohl im Kernseminar als auch (reduziert) im Praxissemester in Bildungwissenschaften thematisieren. Deshalb gibt es heute dazu eine kleine Sammlung an Gedanken, Erfahrungen, Theorie und Beispielen.

Symbolbild „Ohne und mit Regeln“, generiert mit ChatGPT

Disclaimer: Mir ist bewusst, dass es an euren Schulen ganz unterschiedliche Schulregeln oder sonstige Verbindlichkeiten gibt. Wenn eure Schule ein übergreifendes Regelwerk bereitstellt, habt ihr vielleicht wenig Spielraum einerseits, dafür andererseits aber mehr Verbindlichkeit gegenüber den Schüler:innen. Wie Regeln allgemein zustande kommen (egal ob für die Schule oder die Klasse) und wie sie sein sollten, das ist vielleicht dennoch interessant…

Gerade zu Beginn des Schuljahres geht es darum, die in der Klasse geltenden Regeln zu überprüfen und ggf. anzupassen bzw. im ersten Schuljahr überhaupt erstmal Regeln zu erarbeiten.
Und da geht es direkt los: Regeln, die ich als Lehrkraft meiner Klasse überstülpe, sind zwar inhaltlich oft korrekt und wichtig, aber leiden von Beginn an oft an mangelnder Toleranz. Soll heißen: Die Schüler:innen sollen an den Klassenregeln mitwirken. Das bedeutet nicht, dass die Kinder allein die Regeln entwickeln und ich als Lehrkraft keinen Einfluss habe. Natürlich kann und muss ich ggf. Regeln einbringen und kann sie auch ohne Mehrheit durchsetzen – es geht hier vor allem um den Prozess des Überprüfens einer Regel auf Wichtigkeit, Realitätsnähe und Konsequenzen. Gert Lohmann stellt in seinem Buch „Mit Schülern klarkommen“ drei mögliche Wege zum Erarbeiten von Regeln vor – einen offenen, einen halboffenen und einen lehrerzentrierten*.
Aus eigener Erfahrung bei der Entwicklung von Schulregeln kann ich eine Vorgehensweise beschreiben, die tendenziell dem offenen Weg entspricht und die ich genau so auch immer wieder für meine Klassenregeln genutzt habe: Vor Jahren ging es darum, dass es für alle geltende Schulregeln an meiner Schule geben sollte, die auch im Forum visualisiert und als Vertrag an die Kinder und Eltern ausgegeben werden sollten. Dazu haben wir dann in allen Klassen mit den Kindern gesprochen und die Vorschläge der Kinder gesammelt. Einige Lehrkräfte schrieben zentral mit, andere erhoben die Ideen der Kinder mit Zetteln. Aus allen sich doppelnden und ergönzenden Vorschlägen extrahierten wir damals etwa 20 Regeln, die nummeriert und jeweils auf einem A4-Zettel an einem Fenstergang entlang aufgehängt wurden. Nach einer Woche „Einwirkzeit“, in der jede Klassenleitung einmal mit ihren Kindern alle Regeln gelesen und ggf. geklärt hatte, bekamen alle Kinder drei Klebepunkte und sollten diese auf die für sie wichtigsten Regelzettel kleben. Um die Beeinflussung durch Freund:innen oder schon geklebte Punkte zuminimieren, sollte vorab jedes Kind seine drei Regeln (Nummern) auf einen kleinen Zettel schreiben. So ergab sich ein gutes Stimmungsbild, das noch zwei Tage hängen blieb, bevor wir dann unsere Schulregeln zusammenstellten. Es waren letztendlich genau zehn Regeln, die deutlich am häufigsten bepunktet worden waren. So ging das Ganze dann seitdem an alle Eltern und Kinder (in den Kreis, den Schülerinnen gezeichnet hatten, konnte jedes Kind sich selbst als Teil der Schul- und Regelgemeinschaft einzeichnen):

Die Kinder, die diese Regeln mit enwtickelt hatten, hatten ein gutes Gespür für deren Bedeutung. Man merkte aber auch, dass nach zwei, drei Jahren eigentlich der Prozess ernaut hätte laufen müssen, um dieses Gefühl wiederherzustellen, denn für alle neu hinzukommenden Jahrgänge waren die Schulregeln „auferlegt“…

Einige der Aspekte der folgenden Übersicht zum Entwickeln von (Klassen)Regeln findet ihr in meinem obigen Text schon: Regeln erarbeiten, Regeln visualisieren, Regeln hinterfragen. Dass Regeln positiv, verständlich und klar formuliert werden müssen, dürfte jedem ebenfalls klar sein.

Schwieriger wird es da schon mit der „Pflege“ und Anwendung der eingeführten Regeln. Wie oft erinnere ich mich und die Kinder an Regeln? Wie penibel bin ich bei deren Einhaltung? Wie ist es mit einer Ausnahme für das ADHS- oder Förderkind?
Grundsätzlich wichtig ist Konsequenz! Wenn ich Regelbrüche wahrnehme, muss ich sie ansprechen und ggf. vereinbarte Konsequenzen ziehen. Unerlässlich ist es dazu, dass das gesamte Klassenteam Bescheid weiß und nicht plötzlich bei anderen Lehrkräften andere Regeln gelten. Wenn es Ausnahmen gibt, müssen die wohlüberlegt und gut begründet sein. Gespräche im Klassenrat können hier hilfreich sein. Auch ein Ritual wie die Regel der Woche / des Monats mit einer Reflexion am Ende des Tages oder der Woche dienen dazu, immer wieder an die Regeln zu erinnern. Deutlich konkreter als die Regel der Woche sind Konzepte wie das KlasseKinderSpiel oder das Sozialziele-Center. Beide Methoden fokussieren eine Regel, setzen sie jedoch in konkret beobachtbare Verhaltensweisen und/oder Aussagen um, deren Einhalten deutlich einfacher überprüft werden kann als die eigentliche Regel. Ich lege euch beides sehr ans Herz!

Nochmal kurz zurück zur Theorie. Gert Lohmann nennt acht „Regeln für Regeln„: Sie sollen wenige, vernünftig, verständlich, positiv, verbindlich, beobachtbar, kompatibel und durchsetzbar sein. Mit diesen Merkmalen lassen wir die Praxissemesterstudierenden immer die aus ihren Klassen mitgebrachten Regeln überprüfen. Sie sind immer etwas erstaunt und die Bandbreite der Qualität der Regeln ist jedes Mal wieder enorm. Ihr könnt es ja mit euren Regeln auch mal probieren. Und vor allem auch jegliche Eduki-99-in-1-Super-Sonderangebote zu Klassenregeln. Nur, weil sie hübsch aussehen, sind diese Regelpakete noch lange nicht zweckmäßig oder gar sinnvoll…

Zum Schluss habe ich noch zwei Gedanken zur ersten Klasse, die ich teilen möchte. Gerade zu Beginn, wenn die Kinder mit verschiedenen Regelsystemen aus ihren Kitas und Familien zusammenkommen, sind wenige einfache Regeln sinnvoll, die klar in Handlungen zu übersetzen sind. Nicht umsonst werden dazu gern Fotos von Kindern gemacht und ausgehängt, um das Melden, die Freundlichkeit etc. zu visualisieren. Gute Erfahrungen habe ich außerdem mit kleinen Merksprüchen oder Versen gemacht, wie ich es hier schon einmal ausführlicher beschrieben habe. Unter anderem das „Gib mir fünf“ hat sich anfangs in meiner Klasse sehr bewährt. Die fünf Schritte waren klar visualisiert, leicht anzuwenden und haben sehr geholfen, zur Ruhe zu kommen.

So, nun ist es heute doch mal wieder etwas länger geworden. Ich hoffe, dass meine Mischung aus Praxis und Theorie dir dennoch weiterhilft und wünsche einen guten Start ins neue Schuljahr!

Katha

* Ich habe die 14. Auflage von 2022, darin sind die Wege auf S. 127ff. beschrieben. Insgesamt ist das Buch echt ein Lesetipp, obwohl Sekundarstufe drauf steht!

„Gefühle-Wochen“ im Blog – Warum Emotionen und Lernen zusammen gehören

In letzter Zeit habe ich mehrere Rezensionen veröffentlicht, die sich von verschiedenen Richtungen kommend dem großen Komplex der menschlichen Emotionen, spezieller der Gefühlswelt von Kindern bzw. Lernenden nähern. Dadurch und durch u.a. die kontinuierliche Arbeit von Menschen wie Caroline von St. Ange (@learnlearningwithcaroline, deren Buch ich euch sehr ans Herz legen möchte) oder Saskia Niechzial (@liniertkariert) habe ich mich im letzten halben Jahr auch mehr mit dieser Facette des Lernens auseinander gesetzt und möchte, wie ich es im Sinne des „working out loud“ mal wieder laut denken und ein paar meine Gedanken und Schlussfolgerungen hier teilen.

Auf diese meine Fachbuch-Rezensionen beziehe ich mich:
📖 Damit mein Kind sich besser fühlt
📖 Ich bin super, so wie ich bin
📖 Der Sumpfmumpf und die Hoffnung
📖 Selbstregulation für 3- bis 6-jährige
Zudem spielen auch einige Bilderbücher in diese Richtung, wie zum Beispiel diese:
📖 Das Krawallkehlchen
📖 Der Kopfübär
📖 Helmuts Herz
📖 Die Freude springt aufs Trampolin

Besonders intensiv wird die Verbindung von Lernen und Emotionen in diesem Film erklärt, den eine Kollegin mir für die Arbeit im Kernseminar empfohlen hat. (Achtung, bei Youtube ist er in drei Teile zerlegt!)
Hier wird sehr deutlich, dass Lernen überhaupt nur stattfinden kann, wenn Kinder emotional in einem stabilen, sicheren Zustand sind. Onlinetauglich kurz gefasst steckt das auch in diesem Satz, der mir sehr in den Ohren klingelt: „Schüler, die zu Hause geliebt werden, kommen in die Schule, um zu lernen. Schüler, die es nicht sind, kommen in die Schule, um geliebt zu werden.“ (zugeordnet wird er Nicholas A. Ferroni)

Für unsere Arbeit in der Grundschule bedeutet das zweierlei: a) eine veränderte Denkweise (Haltung, Mindset) im Bezug auf Störungen, herausforderndes Verhalten oder wie man es nennen mag und b) einen absoluten Fokus auf Beziehung.
a) Ein Kind, das Probleme macht, hat welche. Simpel, aber wahr. Es ist also an uns Lehrkräften, genau diese Probleme zu erkennen und bestenfalls daran anzusetzen. Wenn wir diese immer übergehen und vom Kind erwarten, dass es „funktionert“ in der Schule, können wir kaum eine Verbesserung erwarten. Entweder stört das Kind einfach weiter, weil sein Problem weiter besteht, oder es zieht sich zurück, weil es auch von der Lehrkraft nicht gesehen wird bzw. keine Unterstützung erhält. Und ja, ich weiß: wir haben viel zu schaffen, es ist nicht nur das eine Kind in der Klasse, die nächste Arbeit steht an… klar! Mir ist bewusst, dass man diesem Anspruch als Einzelkämpfer:in nur schwer gerecht werden kann und wir eigentlich qualifizierte Doppelbesetzungen benötigen. Mir geht es an dieser Stelle aber vor allem um unser Mindset als Lehrkraft. Veränderst du deinen Blick auf ein Kind, veränderst du auch deinen Umgang mit ihm oder ihr. Und das kann schon viel verändern.
b) Lerne „deine“ Kinder kennen! Bestimmt hast du auch schon die Erfahrung gemacht, dass sich eine Klasse bei der Klassenlehrkraft besser benimmt als im Fachunterricht, wo jemand mit nur wenigen Wochenstunden unterrichtet. Das macht genau diesen Unterschied in der Tiefe der Beziehung zwischen Kindern und Lehrkraft deutlich. Es lohnt sich aber auch als Fachlehrkraft, mit den Kindern über das Fach hinaus ins Gespräch zu kommen, sie kennenzulernen, mal ein Spiel zu machen statt stur den Stoff durchzuziehen. Du musst dabei nicht alles so machen wie die Klassenlehrkraft sondern darfst und sollst sogar du bleiben – aber zeige Interesse an der Gruppe und mach dich über ihre Besonderheiten und Bedürfnisse schlau. Bestenfalls gibt es zum Beginn eines Schuljahres eine Klassenkonferenz (also ein Gespräch aller dort lehrenden Personen), die dir das ein oder andere Fettnäpfchen ersparen kann.

Beschäftigt dich das Thema auch? Hast du ähnliche oder ganz andere Erfahrungen gemacht? Schreib es gern hier als Kommentar oder bei Instagram.

Katha

Digitale Doppelstunde: „Der Wortschatz“ und die KI

In den letzten Monaten hat ein Buch für Begeisterung bei vielen Deutschlehrer:innen gesorgt: Der Wortschatz von Rebecca Gugger und Simon Röthlisberger aus dem Nord-Süd-Verlag. Auch mich hat das Buch gepackt, da es einerseits didaktisch das Thema Adjektive wunderbar aufbereitet, andererseits aber dies als „normales“ Bilderbuch schafft, ohne also zu didaktisiert zu wirken – das stört mich an manchem gehypten Bilderbuch für die Grundschule der letzten Jahre…

Nun wisst ihr, dass ich zur Zeit mehr Unterricht ansehen als selbst erteilen darf und erst jetzt bietet sich mir im Rahmen einer digitalen Doppelstunde die Gelegenheit, das Buch mit in den Unterricht zu nehmen. Da mich zudem in einer der Stunden wieder einige LAA besuchen, muss ich meine Planung eh etwas ausführlicher verfassen und teile sie gern auch hier.
Mein Vorhaben für eine vierte Klasse zielt darauf, den Spaß an der Sprache wachzuhalten, Lust an der Literatur zu fördern und darüberhinaus einen ersten schulischen Kontakt mit einer bildgenerierenden KI herzustellen. Das ist ziemlich viel für zwei Stunden, die ich nur zur Verfügung habe – am Ende dieses Beitrags will ich aber auch noch weiterführende Ideen anreißen.

Der wichtigste Aspekt des Buches, auf den ich mich in meinem Vorhaben stütze, ist das Verwandeln von Gegenständen mit Hilfe von Adjektiven. Der Protagonist Oskar entdeckt dieses am Beispiel des Wortes quietschgelb, das er aus Versehen auf einen Igel wirft:

Mit den Schüler:innen einer vierten Klasse möchte ich genau dies ausprobieren und sie aus je einem Adjektiv und Nomen Bilder generieren lassen. Dazu setze ich die KI-Tools von fobizz ein, da ich dort einen Klassenraum einrichten und somit den Kindern datenschutzrechtlich problemlos einen Zugang zur Ki bieten kann. Für Interessierte: Man kann dabei dann sogar zwischen drei Bild-KI wählen, nämlich Flux.1, Dall-E 3 und Stable Diffusion XL.

Stunde 1: Kennenlernen des Buches
Aus dem Bilderbuchkino, das der Verlag erfreulicherweise zusammen mit Material für Lehrkräfte anbietet, habe ich die Seite via Beamer gezeigt, auf der Oskar die Schatztruhe findet.
Ich habe das Buch im Tafelkino vorgelesen bis etwa zur Hälfte, als die Schatztruhe leer ist (Schwerpunkt: verändern von Dingen durch Adjektive). Dann folgte ein kurzes Gespräch darüber, welche Wörter/Adjektive die Kinder gern in die Schatztruhe füllen würden. Diese notierte ich direkt auf der Seite im Bilderbuchkino, das ich in GoodNotes geöffnet hatte (s.u.). Danach las ich das Ende des Buches vor, in dem Oskar lernt, wie man Wörter „macht“ bzw. findet.

Zur Vorbereitung der zweiten Stunde gab es dann noch ein kurzes Gespräch über das Vorwissen der Kinder zu Künstlicher Intelligenz. Viele Kinder hatten bereits Kontakt, vor allem über WhatsApp oder ChatGPT. Manche kannten auch die Möglichkeit, mit KI Bilder zu generieren. Da ja nicht in dem oder jeder von uns ein Illustrator bzw. eine Illustratorin steckt, stellte ich genau dies als Ziel für die zweite Stunde vor.

Vorbereitung für die 2. Stunde: KI für die Kinder
Mit meinem fobizz-Account kann ich auf die KI-Tools dort zurückgreifen und habe einen Klassenraum eingerichtet und dort das Projekt grob skizziert (s. linkes Bild). Klassenräume kann ich für ein ganzes Schuljahr oder für 24 Stunden einrichten. Fobizz generiert mir dann QR-Codes für jedes Kind (s. mittleres Bild) und dazu eine Liste, in der ich als Lehrkraft datenschutzrechtlich unbedenklich die Klarnamen der Kinder notieren kann. Für mein Vorhaben habe ich dann nur die Bild-KI freigegeben. Grundsätzlich könnte man in fobizz auch Text-KI etc. nutzen. Zuletzt habe ich noch die gesammelten Adjektive, ergänzt durch einige aus dem Buch, und ein paar geiegnete Nomen zum Ziehen vorbereitet.

Stunde 2: Bilder generieren
Nach einem kurzen Anknüpfen an Oskars Geschichte bekommen die Kinder den AA und das Material vorgestellt: Zettelchen mit Adjektiven (die sie gestern ja selbst gesammelt hatten) und Nomen (aus dem Buch und von mir gesammelt) werden gezogen und daraus soll mit KI ein Bild generiert werden. Ich zeigte kurz noch einmal die Vorgehensweise mit einem Tablet und einem Kärtchen: scannen, Bild beschreiben, remixen, speichern. Und dann ging es in PA auch schon los.
Alle Teams zogen zuerst ein Wortpaar – manche hatten aber wirklich schwierige Kombinationen und durften tauschen, etwas Neues aussuchen oder ein eigenes Adjektiv wählen. Alle Paare schafften es in gut 20 Minuten Arbeitsphase, mindestens ein geeignetes Bild zu generieren. Allerdings zeigte sich deutlich, wie leicht oder schwer es den Kindern jeweils fiel, ihren prompt zu formulieren, zu erweitern oder zu ändern. Und an einzelnen Stellen war auch die KI etwas bockig und bleib z. B. stur bei einem Haus aus Holz, obwohl sehr eindeutig Wände aus Wolken vorgegeben wurden…
Am Ende konnten noch die meisten Teams ihr bestes Ergebnis via AirPlay teilen und die Klasse versuchte, das genutzt Adjektiv zu erkennen.

Weitere Ideen zum Vorhaben:
Es bestätigte sich, dass dieser Zugang deutlich mehr als meine zwei Stunden hergegeben hätte. Im Gespräch mit meinen vier besuchenden LAA waren wir uns alle einig. Hier kommen deshalb noch ein paar Ideen, wie man das Vorhaben erweitern bzw. einbetten könnte:
– vor die beschriebene zweite Stunde noch ein Stunde schieben, in der alle Kinder an den gleichen Begriffen arbeiten, um das Prompten besser zu üben.
– die Adjektive differenziert anbieten (sowas wie smaragdgrün oder gruselig ist einfacher für ein Bild zu nutzen als sowas wie doppelstöckig oder bienenfleißig)
– Unterrichtseinheiten zu Personenbeschreibung oder Gegenstandsbeschreibung um die Arbeit mit einer KI erweitern, da diese ja quasi eine Selbstkontrolle beinhaltet (War die Beschreibung gut, wird das Bild gut.)
– eine vertiefende UE zu Adjektiven hierauf aufbauen (beschreibende Funktion von Adjektiven)
– von den Unzulänglichkeiten der Bild-KI auf Unzuverlässigkeit von Text-KI schließen, Stichwort digital literacy – Achtung, Metaebene! 😇 (Ganz ernst: wenn ich ein Bild nicht einfach so nutzen kann, weil es noch Quatsch zeigt, dann kann ich einen KI-Text auch nicht einfach so verwenden ohne Hinterfagen oder Überarbeitung…)

Bestimmt habt ihr noch mehr tolle Ideen, oder? Schreibt sie doch gern als Kommentar hier drunter oder kommentiert den entsprechenden Post bei Instagram!

Katha

Rezension: „Lernmythen aufgedeckt“

Titel: „Lernmythen aufgedeckt. Wie wissenschaftliche Evidenz effektives Lernen und Praxistransfer im Unternehmen fördert“
Verlag: Haufe (hier klicken)
Autorin: Yvonne Konstanze Behnke
ISBN: 978-3-648-18394-6

Zum Inhalt:
Die Autorin bringt vielfältige Erfahrungen aus Aus- und Weiterbildung mit, die sich mit Grafik/Illustration und Lernen beschäftigen – sie bezeichnet sich selbst als neugierige Lernmythendetektivin. In dieser Funktion nimmt sie 19 teils sehr hartnäckig erhaltene Lernmythen unter die Lupe. Jeder Mythos wird vorgestellt, auf seinen Ursprung und seinen wahren Kern hin betrachtet und ggf. durch Fakten widerlegt. Los geht es mit einem kleinen Test, bei dem man selbst einschätzen soll, was Mythos und was Fakt ist – ich hab mich da mit 14 richtigen und 9 falschen Einschätzungen nicht mit Ruhm bekleckert…
An einigen Stellen im Buch wird mit Hilfe von QR-Codes direkt zu Videos o.ä. verwiesen, was ich [vor allem vor dem Hintergrund des Multimedia-Effekts, vgl. S. 42] besonders mag. Zuletzt gibt es noch Modelle zum Überprüfen von Aussagen auf ihren Wahrheitsgehalt und eine Zusammenfassung dessen, was bedeutsame Elemente des (wie immer wieder betont wird) komplexen Vorgangs des Lernens zu erleichtern.

Meine Meinung:
Der Titel hat mich direkt begeistert, weil ich ja in der Lehrerausbildung immer wieder Lernmythen begegne, die sich in den Köpfen meiner LAA und/oder deren Mentor:innen hartnäckig halten. Und auch mich selbst möchte ich nicht freisprechen von deren Verfechtung an der ein oder anderen Stelle. Die meisten Mythen aus dem Buch kenne ich, manche waren mir weniger vertraut bzw. würde ich einige nicht als solche bezeichnen, da sie m. E. wenig bedeutsam/bekannt sind.
Die Überprüfung der Mythen ist durchgehend gut lesbar und munter fomuliert, dabei jedoch nicht oberflächlich. Allein die Anlage des Buches (zum gezielten Blättern in bestimmte Mythen statt stringentem Durchlesen) führt dazu, dass sich manche Begriffe, Aussagen oder Gedanken wiederholen. Um aber auch im Negativen das Positive zu sehen: Manches festigt sich so einfach besser!
Auch gefestigt haben sich bei mir manche Fachbegriffe, die mir in den letzten Jahren immer wieder in verschiedenen Veröffentlichungen über den Weg laufen. Das sind z. B. Übungsformen wie retrieval practice, spaced repition etc. – die übrigens ungemein effektiv für das Lernen in vielfacher Hinsicht sind.
Zu jedem Mythos werden am Ende diverse Quellen angeboten, die zum Nachlesen und Vertiefen griffbereit sind. So bleiben die Texte an sich gut lesbar, aber eben doch gut belegt.

Der Begriff „Unternehmen“ im Untertitel bedeutet übrigens absolut nicht, dass die Inhalte nur für Businessleute relevant sind! Oft genug bezeiht die Autorin sich explizit auch aufs Lernen und gerade in der Lehrkräfteausbildung als Form der Erwachsenenbildung haben die Ausführungen absolut Relevanz.

Leseempfehlung:
Für alle Menschen, die sich mit dem Lernen beschäftigen, kann ich „Lernmythen aufgedeckt“ von Herzen empfehlen! In meiner Funktion als Seminarausbilderin geht natürlich eine besondere Empfehlung an alle Kolleginnen und Kollegen. Überprüft eure Powerpoints, nachdem ihr dieses Buch gelesen habt!

Vielen Dank an den Haufe-Verlag für das Rezensionsexemplar!

Katha

SeminarBlog: „Würdest du lieber…?“

Ich bin definitiv zu viel online. Aaaaber online stoße ich eben immer wieder auch auf tolle Ideen, die ich nutzen, klauen oder anpassen kann. So gerade diese Woche geschehen:

Das war mal wieder so eine Idee, die ich direkt auch für die Seminararbeit vor mir sah und so dauerte es nicht lange, bis ich mir ChatGPT vorknöpfte und im Ping-Pong-Prinzip Fragen entwickelte. Eine Auswahl der Impulse habe ich dann (weil ich es eben nicht so schlicht mag) mit Canva weiter verarbeitet, so dass ich demnächst eine weitere kleine Schachtel mit Impulskarten in meinem Schrank haben werde. Anders als der Kollege werde ich vielleicht nicht jeder Gruppe eine eigene Frage zuteilen sondern mal den gleichen Impuls für alle verwenden, mal vielleicht Impulse zur Auswahl anbieten – mal sehen!
Meine LAA starten langsam aber sicher in die Prüfungsvorbereitung und da nehme ich jede Aktivität, die sie ins Nachdenken und Argumentieren, also auch ins Reflektieren bringt!

Wenn du mit diesen Impulsen arbeiten magst, nimm sie dir gern so wie sie sind: pdf-Datei

Wenn du sie für die Schule anpassen magst, kannst du auch das tun: Canva-Vorlage

Katha

Erzählen mit Bildkarten

Aktuell darf ich wieder mal meine LAA mit in den Unterricht nehmen, wofür eine liebe Kollegin mir ihre vierte Klasse „leiht“. Da die Klasse gerade eine Reihe zu Märchen beendet und ich vor Kurzem das zauberhafte Bildkartenset „Storybox Fantasy“ entdeckt habe, gibt es dieses Mal ein kleines Projekt zum fantasievollen mündlichen Erzählen.

Vorbereitung: Als Plattform für dieses Projekt habe ich TaskCards gewählt. Ich habe eine Master-Pinnwand angelegt (erstes Bild). Darauf habe ich für jede Gruppe eine eigene Pinnwand verlinkt, damit es nicht zu unübersichtlich wird. Die Gruppen-Pinnwand ist dann so strukturiert, dass die Kinder zu jeder Karte geeignete Nomen, Verben und Adjektive aufschreiben können (zweites Bild). Auf die MasterPinnwand könnte man auch verzichten, müsste dann aber für jede Gruppe einen eigenen QR-Code haben. Zudem bietet sie die Möglichkeit, am Ende die Ergebnisse der Kinder gesammelt hochzuladen und gegenseitig anzusehen, wenn man das möchte.

Sequenz 1 – Hinführung: Zuerst trafen wir uns im Sitzkreis und führten quasi die Probehandlung durch. Meine Kollegin und ich wählten je eine Figurenkarte aus und ich zog vier Bildkarten aus dem gemischten Stapel. Diese kamen nun alle in die Kreismitte und wir sammelten zuerst Wörter, die zu den Bildkarten passen (analog zu dem späteren Vorgehen der Kinder in der ersten Gruppenarbeit). Dann ließ ich die Kinder, die Ideen hatten, eine erste Geschichte zu den Bilder erzählen.
Für dieses Vorhaben habe ich die Spielvariante „Das war ganz anders!“ ausgewählt. Deswegen erhob ich im Namen meiner Figur Einspruch gegen die Geschichte und erzählte aus meiner Perspektive die Geschichte zu den gleichen Bildkarten neu. Daraus ergab sich dann auch direkt der Arbeitsauftrag für die Klasse: Selbst Bilder finden, dazu einen Wortschatz aufbauen und Geschichten erzählen.

Arbeitsphase: Nach der Gruppeneinteilung setzten die Kinder sich in ihrer Gruppe zusammen und öffneten mit Hilfe meines vorbereiteten QR-Codes die Master-Pinnwand der Klasse, von wo aus sie dann direkt ihre Gruppen-Pinnwand öffneten. Zuerst fotografierten sie ihre Karten und notierten passende Begriffe dazu. Manche Gruppen gingen spalten-, andere zeilenweise vor und einzelne Gruppen verdaddelten etwas Zeit mit dem Einfärben der Kärtchen – da habe ich dann etwas eingegriffen. Ansonsten war nur einmal technische Hilfe nötig, als eine Gruppe aus Versehen zwei Fotos in einem Kärtchen hatte – den Rest konnten die Kinder absolut selbstständig bewältigen. Am Ende dieser Doppelstunde hatten dann alle Gruppen einen mehr oder minder großen zu den eigenen Bildkarten passenden Wortschatz gesammelt. Das sah zum Beispiel so aus:

Sequenz 2 – Einstieg: Mit der via Beamer gezeigten Pinnwand einer Gruppe stiegen wir wieder in unsere Fantasiewelt hinein und klärten kurz den AA mit vorgegebenen Schritten und ein paar Tipps, wozu ich von meinem Tablet aus im geöffneten BookCreator die Schritte zeigte. Da die Kinder diese App schon kannten, konnte ich das sehr knapp halten:
– neue Buch öffnen (Querformat)
– Foto aller Karten zusammen machen
– Audio(s) aufzeichnen, ggf. löschen und wiederholen.

Arbeitsphase: Dann ging es auch schon in die Gruppenarbeit, die im Klassenraum, in Förderräumen und auf den Fluren drumherum stattfand. Damit jedes Kind erzählen und ggf. seine Erzählung auch zwei Mal aufnehmen konnte, habe ich die längstmögliche Zeit eingeplant und deshalb mit dieser Klasse auf ein gemeinsames Erzählen verzichtet. In der Nachbesprechung dieser Stunde haben meine LAA und ich aber festgestellt, dass gerade dieses wichtig gewesen wäre. Irgendeine Aktivität, die den Kindern das Eintauchen in ihre Rolle bzw. das Übernehmen derer Perspektive erleichtert hätte, wäre gut gewesen*.
Zum Abschluss der Stunde hätte ich eigentlich gern besondere Wörter gesammelt (s.u.), aber da doch mehrere Kinder Schwierigkeiten hatten, etwas zu erzählen, habe ich spontan mit der ganzen Klasse Tipps gesammelt, wie man eher auf Ideen kommt für eine Geschichte. Das war sehr schön, weil neben dem Anschauen der Karten und der Wortsammlungspinnwand auch Vorschläge kamen wie „zuhören, was jemand anders erzählt und das dann etwas verändern“. Sowas mag ich ja sehr!

Nachgedanken / Reflexion:
Aufgrund der aktuellen Situation „mit ohne“ eigenem Unterricht ist das Projekt kürzer ausgefallen, als ich es gern gestaltet hätte. Das hätte ich gern anders gemacht:
– eine Zwischenreflexion nach dem Wörtersammeln einlegen, um besondere Wörter zu sammeln (quasi Schatzwörter im Sinne der „Schreibgeheimnisse„)
– den Wiedereinstieg atmosphärischer gestalten, also nochmal gemeinsam erzählen und besondere Wörter sammeln
– den „Nein, das war ganz anders“-Moment mehr zelebrieren
– mindestens eine Feedbackschleife für die Erzählungen durchführen, damit jedes Kind eine Rückmeldung erhält und seine Erzählung noch verbessern kann
– die Ergebnisse der Kinder aus dem BookCreator als Video sichern und in die Klassenpinnwand hochladen, damit alle Kinder die verschiedenen Geschichten hören können

Falls ihr die Idee mitnehmen wollt (meine LAA wollten das direkt teilweise 😊), schreibt doch gern mal eure Erlebnisse.
Katha

P.S.: Extra für meine LAA als Besucherinnen habe ich auch eine ordentliche „Reihentransparenz“ aufgehängt:

* Meine Idee dazu: eine zufällige Gegenstandskarte wird gezeigt, jedes Kind versetzt sich kurz in seine gewählte Figur hinein und erzählt, wie es diesen Gegenstand findet.

Gast-Rezension: „Kartenset Diklusion“

Titel: „Kartenset Diklusion. Unterrichtsideen für die digital-inklusive Schule“
Verlag: Beltz (hier klicken)
Autorin: Lea Schulz
Illustrationen: Nadine Roßa

Heute veröffentlich ich hier zum ersten Mal eine Rezension, die ich nicht selbst verfasst habe. Da ich aber diejenige kenne, die hinter dem Projekt steht (Lea Schulz) und weiß, dass ihre Expertise zum Thema Diklusion (digital inklusiv arbeiten) enorm ist, möchte ich dem Material gern einen Platz bieten. Viel Spaß mit der Rezension von Levke, die hier folgt:

Zum Inhalt:

Wie digitale Medien einen barrierefreien Zugang zu Bildung für alle Schüler:innen ermöglichen können, wird in dem von Lea Schulz entworfenen Material thematisiert. Sie beschreibt das Konzept, das digitale Medien und Inklusion verbindet, mit dem Begriff „Diklusion“. Das Material zum Thema Diklusion umfasst 44 Karten mit Tipps und Tools, eine digitale Version und ein Booklet mit weiteren Informationen.
In dem beigelegten Heft wird in das Thema eingeführt, die Bedeutung des Konzepts auf wissenschaftlicher Grundlage dargelegt sowie die Struktur der Materialkarten erläutert. So erhalten Lesende eine gute Grundlage, um die Tipps und Tools anzuwenden. Die Karten selbst sind in sechs Themen gegliedert und farblich voneinander abgegrenzt. Das Arbeiten mit den Karten wird durch das ansprechende und übersichtliche Layout erleichtert. Inhaltlich ist das Material sehr umfangreich, da auch das Thema Diklusion sehr komplex ist.

Meine (Levkes) Meinung:

Die umfassende Auseinandersetzung mit dem Thema Diklusion kann zeitintensiv sein. Das Kartenformat ist sehr praktisch, da die Themen kompakt zusammengefasst sind und die Karten auch einzeln (nach und nach) verwendet werden können.
Besonders interessant finde ich die Karten zu dem Thema Kooperation. Auf sieben Karten wird verdeutlicht, wie digitale Medien auch die Zusammenarbeit der Schüler:innen in heterogenen Lerngruppen fördern können. Kooperatives Lernen trägt nicht nur zum Abbau von Barrieren bei, sondern fördert auch die Sozialkompetenz und stärkt das Gemeinschaftsgefühl. Als Beispiel wird hier unter anderem die Arbeit an gemeinsamen digitalen Mindmaps aufgeführt.

Leseempfehlung:
Die Karten können sehr vielfältig eingesetzt werden und sind für Lehrkräfte, Schulbegleitungen und auch Eltern eine wertvolle Ressource. Sie sind für jeden, ob schon erfahren oder Neuling im Kontext von Diklusion, ein toller Impuls, um sich mehr mit dem Thema zu beschäftigen und die vielen Vorteile einer diklusiven Lernumgebung kennenzulernen.
Ich glaube, dass die Materialkarten einen echten Mehrwert für die Lernumgebung im Klassenzimmer bieten und Lehrkräfte inspirieren können ihren Unterricht durch digitale Medien inklusiver zu gestalten. Davon werden alle Schüler:innen profitieren.

So, damit endet das Pilotprojekt „Gast-Rezension“ für heute. Freut euch bald auf mehr zur Diklusion, denn momentan läuft die Entwicklung von vielen, vielen OER-Bausteinen zur Diklusion für alle Fächer und Schulstufen. Einen davon habe ich auch beigesteuert. 🙂
Katha

Nachtrag: Eben habe ich gesehen, dass Lea Schulz mit dem Kartenset zu Gast in Thomas Mochs Podcast „Das digitale Duett“ war. Somit könnt ihr euch (ab etwa Minute 14) ganz viele kluge Gedanken zur Diklusion und dem Material aus erster Hand anhören. Viel Spaß damit!

https://www.podcast.de/episode/676004452/kartenset-diklusion-joerg-und-thomas-befragen-lea-schulz

Prüfungskultur & Leistungskonzepte in der GS

Heute war ich Teilnehmerin und Teilgeberin bei einem Barcamp – nicht zum ersten Mal, aber zum ersten Mal so aktiv beteiligt. Eingeladen hatte ein regionales Netzwerk, das sich schulformübergreifend mit Lern- und Prüfungskultur beschäftigt und dabei Duos aus verschiedenen Schulen seit über einem Jahr mit ihren Ideen und Projekten vernetzt.

Besonders bewegt hat mich heute eine Session, die ich mit einer Fragestellung ins Leben gerufen hatte und die zu 45 Minuten intensivstem Austausch führte: Leistungskonzepte (Deutsch) in der Grundschule.
Mein Bezug dazu ist aktuell maximale Irriitiertheit: in der Grundschule haben wir (anders als die Sekundarstufen) in NRW keine Vorgaben außer „in Klasse 3 und 4 gibt es schriftliche Arbeiten“ und dass nicht zwei an einem Tag geschrieben werden dürfen. Nirgendwo (!) steht, dass wir drei Aufsätze (😫), drei Lesetests und drei LZK Rechtschreiben/Grammatik pro Halbjahr schreiben müssen – außer in vielen Leistungskonzepten. Dadurch erlebe ich viel Stress und Druck in den Jahrgangsteams, weil man ja „noch den Lesetest schreiben“ oder „dringend die Vorbereitung für die Reizwortgeschichten hinkriegen“ muss. Viele „schöne Einheiten“ fallen deshalb hinten rüber, weil für diese keine Zeit mehr ist. Gerade LAA berichten davon, dass sie rund um einen UB mal „was Nettes“ durchführen dürfen, dann aber dringend die nächste Schreibeinheit dran ist. Integrativer Deutschunterricht? Pustekuchen! Stattdessen „Gleichschritt, Marsch!“ oder das, was ich Verheftelung nenne und sich oft als individualisierter Unterricht tarnt.

Wie kommt das? Auf die Vorgaben können wir es in diesem Fall nicht schieben – die habe ich ja oben schon erwähnt. Die problematischen Leistungskonzepte sind im wahrsten Sinne des Wortes hausgemacht, da ja jede Schule ihres festlegt. In unserem heutigen Austausch haben wir verschiedene mögliche Faktoren herausgearbeitet, woran es liegt, dass ganze Kollegien sich durch ihre Leistungskozepte ein sehr enges Korsett schnüren:

  • ein Gefühl der Sicherheit: je enger die Vorgaben, umso weniger kann man etwas vergessen
  • Transparenz für die Lehrkräfte: ich kann meine Jahresplanung an den LZK ausrichten / ich kann das prüfen, was ich später auf dem Zeugnis bewerten muss, vor allem bei Ankreuzzeugnissen
  • Transparenz für die Eltern: wir haben ihre Kinder im Blick!
  • Absicherung gegenüber Leitung und Eltern: viele schriftlich erhobene Noten erwecken den Anschein von Objektivität und Vergleichbarkeit
  • Vorbereitung für die 5. Klasse, indem z.B. dort typisch geforderte Textformen bereits erarbeitet werden
  • Diagnosefunktion: der Anspruch, immer zu wissen, was jedes einzelne Kind schon kann

Und, nicht zu vergessen, immer mal wieder auch:

  • Das haben wir immer schon so gemacht!
Symbolbild „von einer LZK zur nächsten“, generiert mit ideogram.ai (und ja, da fehlt ein Bein…)

In unserer Runde von sechs Personen haben wir aber auch konkrete Gegenentwürfe und Gedanken gesammelt, wie es auch anders ginge. Grundsätzlich waren wir uns einig, dass sich an der Form von Unterricht etwas ändern sollte (aber auch ändern kann), und dass Leistungskonzepte den Blick mehr auf die Stärken, Fähigkeiten und Kompetenzen der Kinder lenken sollten, also qualitativ. Aktuell sind sie häufig sehr quantitativ ausgelegt und dadurch tendenziell defizitorientiert (da man eher misst, was das Kind noch nicht kann).
Zudem bleibt die diagnostische Funktion oft auf der Strecke, da LZK am Ende von Unterrichtsreihen geschrieben werden und das Feedback erst kommt, wenn die nächste Reihe schon läuft. Stattdessen wäre es unserer Meinung nach gut, wenn durch standardisierte Tests oder vergleichbare Instrumente die Diagnose objektiv und vergleichbar zentral durchgeführt wird und dadurch mehr Raum im Unterricht für gezielte Förderung bleibt. Etablierte Tests wie die Hamburger Schreibprobe, das Salzburger Lesescreening oder der neu analog zur HSP angelegte Potsdamer Lesetest sind hier äußerst geeignet und bieten teilweise auch eine digitale Auswertung, die sehr klar Förderbereiche ausweist. Das bedeutet für den Unterricht, dass mehr individualisiert werden muss, was bestimmte Bereiche wie das Rechtschreiben angeht. Es bedeutet aber auch, dass ich in meinen Unterrichtsreihen weniger teaching to the test praktizieren muss und viel prozessorientierter an Bewertung herangehen kann (Stichwort formative assessment statt summative assessment).

Damit stehen wir schnell vor der nächsten Hürde: „Wie soll ich denn allein mit 28 Kindern individuellen Unterricht machen? Wie allen gerecht werden?“ Das sind absolut berechtigte Fragen, das will ich nicht abstreiten. Die Antwort kann aber nicht sein, dann doch lieber Unterricht im Gleichschritt zu machen und davon auszugehen, dass da schon jedes Kind auf seinem Niveau etwas draus mitnehmen kann. Die Antwort kann auch nicht sein, den Deutschunterricht noch mehr zu zerteilen und Lesezeiten, Rechtschreibstunden und Deutschstunden auseinander zu ziehen, so dass vom integrativen Grundgedanken nichts mehr übrig bleibt!
In unserer Sessionrunde sprachen wir über Unterrichtseinheiten, die an einem Oberthema entlang laufen, die Stunden zum Aufbauen von Texten, Feedbackelemente und Raum für Überarbeitung genauso bieten wie thematisch angebundene Leseanlässe und exemplarische Wortschatz-, Rechtschreib- und Grammatikarbeit – aber eben unter dem einen Oberthema. Wir sind damit nah an fächerübergreifendem Unterricht (Verknüpfungen mit Sachunterricht z. B. sind zauberhaft einfach möglich) oder projektorientiertem Lernen.
Wir sprachen außerdem über Wege, wie man auch im Korsett eines eng gefassten Leistungskonzepts „ausbrechen“ kann, zum Beispiel mit Formaten wie der Vier-Wochen-Schreibaufgabe. Ein weiteres, deutlich offeneres Format ist die Freie Schreibzeit, die sich konzeptuell nach Beate Leßmann richtet und so ähnlich auch hier zu finden ist. Zum Schwerpunkt Rechtschreibung stellte eine Teilnehmerin/Teilgeberin vor, wie sie mit der Rechtschreibleiter (ausgehend vom Material des Finken-Verlags) arbeitet: Die Kinder erarbeiten sich eine Stufe, z. B. die Doppelkonsonanten, und verfassen als Abschluss und Kompetenzbeweis einen Lernzettel bzw. ein Merkblatt. Besonders charmant daran fanden wir, dass neben dem inhaltlichen Lernen hier Lernstrategien en passant vermittelt werden, die die Kinder zeitlebens weiter bringen dürften.

Ach, ich könnte ins Schwafeln kommen, weil so viele Anschlussideen in meinem Kopf Samba tanzen. Unser Fazit aus der Session war der Wunsch, dass Grundschulen aus dem „so wie immer“ ausbrechen und ihre durchaus vorhandenen Freiheiten nutzen, um den Kindern mehr Lernen zu ermöglichen und auch sich selbst zu entlasten.

Wenn du bis hierhin gelesen hast: Danke! Vielleicht magst du deine Gedanken oder konkrete Ideen als Kommentar dalassen? Ich würde mich total freuen, weil dieses Thema eins meiner Herzenthemen darstellt.

Katha

20 Jahre Schule 😱

Am 01.02.2005 begann mein Referendariat. Das ist tatsächlich inzwischen ganze zwanzig Jahre her. Irgendwie surreal…

Am 01.02.2005 wurde ich offiziell vereidigt, zusammen mit einem ganzen Haufen weiterer Referendar:innen – oder besser gesagt: LAA. Das hat der Seminarleiter direkt deutlich gemacht, dass dieser „Titel“ den angehenden Gymnasiallehrkräften vorbehalten sein. Diesen Teil der Klassengesellschaft haben wir inzwischen abgelegt (wenn auch viele andere leider noch nicht).
Ich erinnere mich dunkel an eine Kapelle, in der wir alle die Hand heben und den Diensteid mitsprachen. An das Gebäude, in dem ich die ersten Monate lernte, habe ich keine Erinnerung mehr. Bald zog das Seminar um, aber gut Erinnerungen habe ich an das „neue“ Gebäude eher nicht*. Inzwischen ist das Haus längst Geschichte und das heutige ZfsL ist in einem wunderbaren Altbau mitten in der Innenstadt gelegen.

Am 01.02.2005 lernte ich, auch wenn ich das damals noch nicht wusste, eine Freundin fürs Leben kennen. Hej, Sonni! 👋🏼 Wir hatten zwar keines unserer drei Seminare gemeinsam und trafen uns erst gegen Ende der Ausbildung in einer Lerngruppe, aber es ist ja niemlas zu spät, wertvolle Menschen kennenzulernen. Den einzigen anderen Menschen, der aus dieser Zeit in meinem Leben geblieben ist, traf ich hier auch zum ersten Mal: meine SU-Fachleiterin Rita – Hallöchen 👋🏼! Danke, dass es euch beide gibt!!! Etwa ein Jahr später lernte ich dann eine weitere Fachleiterin kennen, mit der ich zwar nicht in Kontakt blieb, die mich aber viele Jahre später als Ausbilderin ans Seminar holte.

Am 01.02.2005 hatte ich schon drei Wochen an meiner Ausbilungsschule hinter mir. Da ich im Januar nix zu tun hatte, fragte ich einfach mal, ob ich den Monat zum Hospitieren als freiwilliges Praktikum nutzen dürfte. Ich durfte und hatte so die Chance, von meiner Vorgängerin toll eingeführt zu werden und mein Kollegium und die überschaubaren vier Klassen bereits kennenzulernen. Das war auch gut, denn im Prinzip startete ich dann im Februar direkt mit einer Woche als Vertretung der Klassenlehrerin der ersten Klasse, die ich ja nun schon kannte (und die Schulleitung mich – sonst wäre das gar nicht sinnvoll gewesen).
Die Ausbildung an einer Dorfschule, wie sie im Buche steht (4 Lehrerinnen, knapp 80 Kinder) war wunderbar, anstrengend, ein Segen, anspruchsvoll, lustig, hilfreich … und insgesamt einfach nur richtig gut. Rückblickend betrachtet bin ich froh, während des Studiums bzw. in den Semesterferien viele freiwillige Praktika absolviert und viel Zeit an Schulen mit sehr anspruchsvoller Schülerschaft verbracht zu haben. Ansonsten wäre ich wohl etwas illusioniert aus dem Ref gekommen.

Am 01.02.2005 begann ich damit, wirklich Geld zu verdienen. Für jemanden, der aus Sozial- bzw. Jugendhilfe und BaföG kommt, war das Gehalt einer Referendarin ein finanzieller Segen. Ich konnte jetzt guten Gewissens mein Auto finanzieren und den Nebenjob etwas herunterfahren. Behalten habe ich den übrigens bis nach dem Ende des Refs.

Am 01.02.2025 blicke ich nun also auf zwanzig spannende Jahre als Lehrende im System Schule zurück. Zwei Jahre Ausbildung, ein Monat Arbeitslosigkeit, zweieinhalb Jahre in verschiedenen schön auf 28 Stunden gerechneten Vertretungsverträgen in einem Nachbarkreis und inzwischen 14,5 Jahre fest an „meiner“ Schule in meinem Wohnort.
Ich schaue aber auch auf jetzt schon fast sieben Jahre als Seminarausbilderin/Fachleiterin zurück: zuerst 18 Monate als FL in Deutsch, seitdem als FL im kombinierten Fachseminar Deutsch/Mathematik**, und seit gut zwei Jahren auch mit einem Kernseminar**.
Auch als Referentin und Autorin bin ich somit schon fast zwanzig Jahre aktiv, denn ich Irre habe damit tatsächlich bereits im Ref angefangen. Aber weiterhin ist das ein Gebiet, das ich sehr mag, wenngleich mein thematischer Schwerpunkt sich von SU zu Deutsch und vor allem zum Einsatz digitaler Medien verschoben hat.
Nicht zuletzt darf mein Rückblick diesen Blog nicht außer Acht lassen, der nun auch schon auf den elften Geburtstag zueilt. Aus einer spontanen Idee geboren, ist diese Plattform mein Gedächtnis, meine Reflexionsebene, ganz manchmal meine Kotztüte und vor allem immer wieder einfach ein gutes Gefühl.

Am 01.02.2025 freue ich mich einfach mal besonders darüber, dass ich mich für den schönsten Beruf der Welt entschieden habe, dass ich mir meinen Weg erkämpft und die Ausbildung durchgezogen habe. Es ist doch schön sagen zu können, dass man seinen Job gern macht. Ich hoffe, dass es euch (zumindest im Großen und Ganzen) auch so geht.

Auf die nächsten 20 Jahre!
Katha

* Das liegt mehr am Gebäude als an den Seminaren – nicht, dass mich jemand falsch versteht.

** Lest nach, wie Grundschul-LAA in NRW ausgebildet werden, wenn es euch interessiert. 🙂