Aufmerksame Leserinnen und Leser wissen, dass ich momentan kaum selbst unterrichte, was wirklich schade ist. Aber ich darf fast täglich meine LAA besuchen und bin somit regelmäßig in allen vier Jahrgängen in den Fächern Deutsch und Mathematik unterwegs – zumindest als Gast. Die LAA haben dabei sehr unterschiedliche Voraussetzungen, was ihre Klassen angeht: von der 1-2-zügigen Dorfschule bis zur 4-zügigen Brennpunktschule ist alles dabei, von 17 bis 29 Kindern, von hohem sozioökonomischem Status bis hin zum anderen Extrem.
Auch die eigene Erfahrung und Haltung der angehenden Lehrkräfte selbst ist durchaus heterogen. Was aber nicht zu verachten ist: die Haltung der ausbildenden Lehrkräfte, des Kollegiums, der Schulleitung haben einen mindestens ebenso großen Einfluss auf die Art des Unterrichtens.
Dass Vieles „passt“, sehe ich als unbeteiligte Beobachterin daran, dass ein*e LAA den Kindern etwas zutraut und sie ehrlich ermutigt, ihr Bestes zu geben.
Ich meine dabei nicht ritualisiertes gutes Zureden oder das Lob jeder Kleinigkeit; genauso wenig hohle Phrasen wie „Ist nicht schlimm, wenn du nicht alles schaffst / nicht fertig wirst.“ Ich meine nicht drei-, vier-, fünffach differenzierte Arbeitsmaterialien mit verschiedenen Zahlenräumen oder Unterstützungsstufen. Nein – ich meine das selbstverständliche Öffnen der Klassenraumtür, damit Kinder in Nebenräumen oder auf Fluren arbeiten können. Ich meine anspruchsvolle Aufgabenstellungen, die die Kinder wirklich herausfordern und nicht nur beschäftigen, bestenfalls zu oberflächlichen Entdeckungen leiten. Ich meine eine methodische Gestaltung des Unterrichts mit Ritualen und Abläufen, die den Kindern Sicherheit geben und die sie mit gestalten können. Ich meine das Ermöglichen von echten fachlichen Gesprächen unter den Kindern und ein Sich-Einlassen auf die möglichen Ergebnisse.
Manches davon ist Werkzeug, das sich gut erlernen lässt. Aspekte des sog. Classroom Managements kann man sich gut aneignen; auch Schritte der Öffnung des Unterrichts (wie sie u.a. Falko Peschel definiert) kann man planen lernen. Wenn aber die Haltung dahinter nicht stimmt, dann bleibt jede Bemühung auf einer oberflächlichen Ebene. Wer seinen Unterricht an die (potentiellen) Wünsche von Ausbilder*innen oder einer Prüfungskommission ausrichtet, wird Kinder kaum ernsthaft „mitnehmen“ können.
Richtig interessante Stunden sind Stunden, in denen die Kinder wirklich aktiv sind, kommunizieren und am Ende einen echten Lernzuwachs verzeichnen können. Diese Stunden brauchen eine Lehrkraft (bzw. LAA) mit dem Mindset, die Kinder beim Wachsen zu unterstützen. Sie sind vor allem aber dort möglich, wo bisherige Lehrkräfte den Unterricht ebenso konstruktiv gestalteten und die Kinder gelernt haben, dass ihre Ideen wichtig sind und Fehler ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu neuen Erkenntnissen sind.
Ich schließe meinen kleinen Rant heute deshalb mit dem Plädoyer an alle ausbildenden und auch die (momentan) nicht ausbildenden Kolleginnen und Kollegen: traut euren Kindern etwas zu. Lasst sie scheitern und erfolgreich sein, lasst sie kommunizieren, bindet sie in Rituale mit ein! Seid authentisch, lasst die Kinder auch eure Fehler sehen und findet gemeinsam gute Wege, wie alle lernen können! Wenn ihr diesen Grundstein legt, dann erleben LAA was „guter Unterricht“ sein kann und können eine konstruktivistische, zutrauende Haltung von euch übernehmen.
Viel Erfolg und Spaß dabei!
Katha